Welche Therapiemaßnahmen gibt es?
Da die Pathogenese von Post-COVID noch nicht abschließend geklärt ist, lässt sich die Erkrankung weder ursächlich noch spezifisch behandeln. Die Therapie erfolgt daher symptomorientiert. Grundsätzlich wird ein multimodales Therapiekonzept inklusive sozialer Interventionen sowie die Einbindung in eine Selbsthilfegruppe empfohlen. Bei besonders komplexen Fällen bieten Post-COVID-Ambulanzen zusätzliche Hilfe für die Betroffenen an.
Praxisnahe Empfehlungen für die ärztliche Behandlung bietet der sogenannten Therapie-Kompass: Dieser gibt einen Überblick über Wirkstoffe bzw. Wirkstoffgruppen zur Behandlung von Long-COVID-assoziierten Symptomen.
Gemäß der deutschen S1-Leitlinie werden folgende symptomorientierte Therapiemaßnahmen empfohlen:
- Fatigue
- Therapieziel: Linderung der Beschwerden und Chronifizierung vermeiden
- Ausführbare Maßnahmen:
- Schlafförderung, Schmerztherapie und Kreislaufsupport
- Pacing, Vermeidung von Überbelastung (siehe auch „Was können Betroffene selbst tun?“)
- Verfahren zur Stressreduktion
Dosiertes körperliches Training sowie Ergotherapie - Psychotherapeutische Methoden
- Psychopharmakologische Behandlung
- Hautläsionen
- Die meisten Hautläsionen im Zusammenhang mit COVID-19 heilen ohne Behandlung innerhalb weniger Wochen ab.
- Bei therapiebedürftigem Befund (Juckreiz oder entstellenden Läsionen) können Antihistaminika, kühlende/abdeckende Externa sowie deeskalierende, läsional und lokal kurzzeitig anzuwendende Kortikosteroide verwendet werden.
- Kardiovaskuläre Beschwerden
- Kardiovaskuläre Symptome bei Post-COVID sollten nach den aktuellen Leitlinien der Behandlung von Herz-Kreislauf-Beschwerden therapiert werden.
Hierzu gehören leitliniengerechte- pharmakologische Maßnahmen bei reduzierter Ventrikelfunktion,
- Antikoagulationstherapie bei in der Akutphase aufgetretenen thromboembolischen Komplikationen.
- Es gilt keine generelle Empfehlung zur venösen Thromboembolieprophylaxe bei unkompliziertem Akutverlauf.
- Ausnahme: Hochrisikopatientinnen und -patienten
- Ausnahme: Hochrisikopatientinnen und -patienten
- Kardiovaskuläre Symptome bei Post-COVID sollten nach den aktuellen Leitlinien der Behandlung von Herz-Kreislauf-Beschwerden therapiert werden.
- Husten und Dyspnoe
- Unterstützende Atem- und Physiotherapie
- Keine Empfehlung von routinemäßiger Steroidgabe oder antifibrotischer Therapie
- Erst bei stärkeren/persistierenden Beschwerden kann die Gabe von inhalativen Kortikosteroiden und/oder Beta-2-Sympathomimetika erwogen werden.
- Neurologische Aspekte
- Bei Anzeichen einer autoimmunen neurologischen Manifestation mit Autoantikörpernachweis wird die intravenöse Gabe von Immunglobulinen und Kortikoiden empfohlen.6
- Bei entsprechender Risikofaktorenkonstellation sollte eine Thromboseprophylaxe erfolgen.
- Empfohlene supportive Therapien: Physio- und Ergotherapie sowie neuropsychologische und sozialpädagogische Unterstützung
- Geruchs- und Geschmacksstörungen
- Diese heilen meist binnen 1–2 Monaten ab und bedürfen keiner spezifischen Therapie.
- Sofern die Symptome nicht innerhalb von 4–12 Wochen abklingen, werden eine neurologische oder HNO-ärztliche Anamnese, psychophysische Tests sowie eine nasale Endoskopie empfohlen.
- Bei anhaltender Riechstörung kann ein konsequentes, strukturiertes Riechtraining helfen.
- Schmerzen
- In Anlehnung an die S1-Leitlinien wird eine symptomatische Therapie in Abhängigkeit vom Schmerzcharakter empfohlen.
- In Anlehnung an die S1-Leitlinien wird eine symptomatische Therapie in Abhängigkeit vom Schmerzcharakter empfohlen.
- Psychische Symptome
- Bei gesicherter klinisch relevanter Diagnose sowie bei deutlichen Einschränkungen des Alltags oder der Lebensqualität sollte eine psychotherapeutische Behandlung erfolgen.
- Bei schweren Formen von Depressionen und Angststörungen kann zusätzlich eine psychopharmakologische Behandlung erforderlich werden.
- Besteht die Symptomatik im ambulanten Setting weiter oder kommt es zu einem starken Schub bzw. einer Verschlimmerung der Beschwerden, so ist eine stationäre Akutbehandlung bzw. Rehabilitation erforderlich.
- Rehabilitation
- Erste Untersuchungen zeigen, dass eine ambulante, teilstationäre oder stationäre Rehabilitation die Genesung bei Post-COVID unterstützt.
- Wichtig ist ein interdisziplinäres Vorgehen mit den folgenden Bausteinen:
- Medizinische und neuropsychologische Diagnostik
- Individuell adaptierte Bewegungstherapie
- Atemtherapie
- Kognitives Training
- Psychotherapie und Unterstützung der Krankheitsverarbeitung
- Zu den ambulanten Methoden gehören Physiotherapie, Ergotherapie, Neuropsychologie, Psychotherapie und/oder Logopädie.
- Reichen ambulante Methoden nicht aus und ist die Teilnahme am Gemeinschaftsleben dauerhaft bedroht oder eingeschränkt, sollte eine teilstationäre oder stationäre Rehabilitation verordnet werden.
- Entscheidend dabei ist die individuelle Belastungssteuerung und Schulung der Selbstwahrnehmung.
- Der Rehabilitationsfortschritt wird im ersten Jahr nach der Akuterkrankung mindestens einmal im Quartal geprüft.
Seit dem 1. Juli 2021 gilt das Post-COVID-Syndrom in der vertragsärztlichen Versorgung deutschlandweit als spezieller Versorgungsbedarf. Wenn beispielsweise Physio- oder Ergotherapie aufgrund von Langzeitfolgen einer Corona-Infektion verordnet wird, unterliegt das ärztliche Budget bei einer Wirtschaftlichkeitsprüfung nicht der Belastung durch die Verordnungskosten.
6 Zurzeit werden eine Vielzahl von medikamentösen Behandlungsansätzen oder andere therapeutische Verfahren (Immunabsorption, Lipidapherese, hyperbare Sauerstofftherapie, etc.) in klinischen Studien überprüft. Wenn es auch positive Fallberichte und kleiner Fallserien geben mag, ist aktuell von einer generellen Anwendung dringend abzuraten. Hier sind die Ergebnisse randomisierter-kontrollierter Studien abzuwarten.