Sexualhormone beeinflussen das Immunsystem
Das Immunsystem von Frauen und Männern unterscheidet sich. Dieser geschlechterspezifische Unterschied war schon vor Beginn der COVID-19-Pandemie bekannt, wird aber insbesondere bei Betrachtung der globalen Statistik offensichtlich:
Bei gleicher Infektionshäufigkeit wurden Männer 1,7-fach häufiger auf Intensivstationen behandelt und verstarben 1,3-fach häufiger an COVID-19 als Frauen.1 Ein umgekehrtes Bild zeigt sich beim Post-COVID-Syndrom – als Auslöser werden Autoimmunreaktionen diskutiert –, an den Langzeitfolgen erkranken mehr Frauen als Männer, ein bekanntes Bild von Autoimmunerkrankungen wie der Multiplen Sklerose. Die unterschiedlichen Häufigkeiten lassen sich durch soziokulturelle Unterschiede zwischen Männern und Frauen sowie durch biologische Unterschiede erklären: Neben der genetischen Ausstattung beeinflussen insbesondere die Sexualhormone die Funktionsweise des Immunsystems.
Eine aktuelle Studie in Nature hat den Einfluss einer Testosterontherapie bei 23 Transgendermännern (als Frauen geboren) auf zentrale Immunmediatoren untersucht. Dazu wurden Blutproben 2 Wochen vor und 3 bzw. 12 Monate nach Beginn der Testosteroninjektionen (alle 12 Wochen, 1.000 mg) analysiert. Unter Therapie kam es zu einem Anstieg des Testosteronspiegels und einer Reduktion des Östrogenspiegels. Dies führte u. a. zu einer Verringerung von Typ-1-Interferon sowie einer verstärkten Monozytenreaktion mit erhöhter Produktion der Interleukine 6 bzw. 15 und von Tumornekrosefaktor. Zudem zeigte sich eine Aktivierung von NF-κB-regulierten Genen und eine Verstärkung von Interferon-γ primär in natürlichen Killerzellen.
Ein Nachteil der Studie ist die kleine Kohortengröße. Die Ergebnisse zeigen jedoch, dass die Forschung in diesem Bereich sowohl für die Gesundheit von Transpersonen als auch für das Wissen über geschlechterspezifische Immununterschiede hilfreich sein kann.
1 https://globalhealth5050.org/the-sex-gender-and-covid-19-project/