Long-COVID-Kongress in Jena: Plädoyer für mehr Aufklärung
Viele Menschen haben inzwischen die unmittelbaren Beschwerden einer COVID-19-Erkrankung am eigenen Leib erfahren. Bei einigen verändert sich der Alltag auch nach überstandener Infektion grundlegend: Sie kämpfen mit ausgeprägter Erschöpfung, kognitiven Einschränkungen und vielseitigen anderen Symptomen. Manche Betroffene sind über einen langen Zeitraum hinweg arbeitsunfähig. Post-COVID kann jeden treffen und stellt eine wachsende Herausforderung für unser Gesundheitswesen dar. Die Versorgung der Betroffenen erfordert den Austausch und ein aktives Zusammenwirken verschiedener medizinischer Fachrichtungen. Um eine Plattform hierfür zu schaffen, fand am 24. und 25. November 2023 der 2. Kongress des Ärzte- und Ärztinnenverbandes Long COVID in Jena statt. Im Fokus des Kongresses standen neben sozialen und ökonomischen Folgen der Erkrankung sowie der gesellschaftlichen Teilhabe der Betroffenen die neusten Erkenntnisse über mögliche Pathomechanismen sowie über evidenzbasierte Therapie- und Rehabilitationsansätze. Doch auch die Stigmatisierung der Erkrankten aufgrund fehlender ärztlicher Aufklärung wurde kritisiert.
Noch keine kausal wirksame Therapie in Sicht
Eine der bedeutendsten Erkenntnisse seit dem vorjährigen Kongress ist laut Prof. Dr. Andreas Stallmach, Leiter des Post-COVID-Zentrums des Universitätsklinikums Jena, dass Post-COVID nun als Immundysregulation betrachtet wird. Diese wird durch das Virus auf Grundlage einer genetischen Disposition ausgelöst. Es gibt dabei mehrere Subtypen, weshalb es keine universelle Behandlung für alle Betroffenen geben wird. Die Suche nach einer kausalen Therapie hat sich noch nicht erfüllt, bis dahin müssen daher Arzneimittel im Off-Label-Use zur symptomatischen Behandlung eingesetzt werden. Dazu wird derzeit vom BfArM eine Liste mit Medikamenten erarbeitet, die von den GKV erstattet werden sollen.
Klares Signal gegen Stigmatisierung
Dr. Claudia Ellert von der Betroffeneninitiative Long COVID Deutschland äußerte ihre Freude über die gesteigerte politische Aufmerksamkeit für die Erkrankung. Gleichzeitig betonte sie, dass die finanziellen Mittel auch effektiv für die Patientenversorgung eingesetzt werden sollten und nicht im System versickern dürften. Weiterhin wurde davor gewarnt, dass viele Betroffene aufgrund von Unwissenheit immer noch stigmatisiert würden. Wenn Menschen etwas nicht verstehen, neigten sie dazu, die Krankheit als psychisch bedingt zu klassifizieren. Dies führe jedoch dazu, dass den Patientinnen und Patienten eine angemessene interdisziplinäre Versorgung verweigert werde. Der Long-COVID-Kongress will ein klares Signal dagegen senden – nämlich, dass sich die Organisatoren und Anwesenden aktiv um die Belange der Betroffenen kümmern. Dieses Signal ist auch an die Politik gerichtet, insbesondere in Bezug auf die Arzneimittelversorgung.
Quellen:
https://long-covid-kongress.de/ (zuletzt aufgerufen am 28.11.23)
https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/2023/11/27/long-covid-bleibt-herausforderung-fuer-forschung-und-gesellschaft#:~:text=Beim%20Long%2DCovid%2DKongress%20in,aber%20viele%20strukturelle%20H%C3%BCrden%20bleiben (zuletzt aufgerufen am 27.11.2023)