Verordnungen von Duloxetin und das Risiko einer Einzelfallprüfung

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Tipps zur Regressvermeidung von Prof. Dr. Markus Weih

Duloxetin wird von Neurologen und Nervenärzten nicht selten auch in anderen als den in Deutschland zugelassenen Anwendungsgebieten eingesetzt. Bei der Verordnung zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung besteht in diesem Fall das Risiko einer Einzelfallprüfung und eines Regresses.

Zugelassene Anwendungsgebiete und weitere Einsatzgebiete von Duloxetin

Duloxetin ist seit 2004 im neuropsychiatrischen Bereich zugelassen für klinisch relevante depressive Erkrankungen, die generalisierte Angststörung und Schmerzen bei diabetischer Polyneuropathie. Außerhalb der Psychiatrie und Neurologie besteht seit 2004 eine Zulassung für die 20-mg-Dosierung für die weibliche Belastungsinkontinenz (ab mittlerem Schweregrad), da es die Kontraktilität des M. sphincter urethrae verstärkt. Da es das erste spezifische Medikament gegen die Belastungsinkontinenz war, ruhten darauf große Hoffnungen. Aus verschiedenen Gründen wurde es aber in der Praxis eher weniger bei Inkontinenz eingesetzt.

In den USA ist Duloxetin auch für die Fibromyalgie und chronische muskuloskelettale Schmerzen zugelassen. Wegen der insgesamt breiten Indikation gilt es als „Blockbustermedikament“. In Europa scheiterte die Zulassung in diesen Indikationsgebieten vor der EMA (European Medicines Agency), die schon 2008 in einem European Public Assessment Report (EPAR) der Auffassung war, dass keine hinreichenden Nachweise einer ausreichenden Wirkung bestanden.1 Viele Neurologen und Nervenärzte setzen das Medikament dennoch in ähnlicher Indikation ein und riskieren damit einen Regress. Darüber hinaus gibt es Hinweise auf eine Wirksamkeit von Duloxetin beim Fatigue-Syndrom, bei Depression bei der Parkinsonerkrankung sowie beim prämenstruellen dysphorischen Syndrom.2 Bei Rauchern muss wegen Enzyminduktion die Dosis oft erhöht werden.

Kosten-Nutzen-Bewertung des IQWiG

Nach einem IQWiG-Bericht zur Kosten-Nutzen-Bewertung von 109 Studien wurde Duloxetin 2013 als teures Antidepressivum im Vergleich zu Venlafaxin, Bupropion und Mirtazapin eingeschätzt.3

In dem IQWiG-Bericht lag Venlafaxin über der Effizienzgrenze, Duloxetin darunter. Der zusatznutzenbereinigte Endpreis für Duloxetin (für Remission und Ansprechen bei Depression) läge deutlich unter dem gegenwärtigen Basispreis. Der Preis von Cymbalta (Original, 30 mg, N3) liegt aktuell in der Apotheke bei 272,66 EUR. Seit 2015 sind für den deutschen Markt auch Generika mit dem Wirkstoff Duloxetin zugelassen.

Mehr Prüfungen von Duloxetin-Verordnungen

In letzter Zeit gab es aus verschiedenen psychiatrischen, aber auch neurologischen und nervenärztlichen Praxen Rückmeldungen über eine verstärke Prüfung von Duloxetin-Verordnungen. Dies betrifft z. B. die 20-mg-Dosierung bei Männern, die Rezeptierung bei neuropathischen Schmerzen nicht diabetisch polyneuropathischer Ursache oder eine Regressandrohung bei nicht kodierter relevant depressiver Erkrankung oder auch alleiniger Angsterkrankung.

Fazit

Es ist verständlich, dass Krankenkassen Verordnungen von Duloxetin besonders kritisch prüfen. Es ist zu empfehlen, bei der Verordnung von Duloxetin keine Diagnose, zum Beispiel Depression oder ein anderes Label, zu übersehen. Dies gilt auch bei Patienten, die auf das Medikament stabil eingestellt sind und eine gute Verträglichkeit und Response zeigen. Damit können unnötige Regresse und Korrespondenzen mit den Prüfgremien vermieden werden.

Prof. Dr. Markus Weih ist Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie. Er ist im Medic-Center Nürnberg – Schöll + Kollegen (MVZ) tätig und für Berufsverband und in Forschung und Lehre aktiv.

Quellen:

1 https://www.ema.europa.eu/en/medicines/human/EPAR/cymbalta, Zugriff am 19.2.2021

2 Benkert, Hippius; Kompendium der psychiatrischen Pharmakotherapie, Springer Verlag 12. Auflage

3 https://www.iqwig.de/projekte/g09-01.html, Zugriff am 19.02.2021