Endokrine Disruptoren: die unsichtbare Gefahr für Schwangere und Ungeborene

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In einer Welt, in der chemische Innova­tionen unser Leben erleichtern, entdecken Wissen­schaft­lerinnen und Wissen­schaftler zunehmend deren Schatten­seiten. Endokrine Dis­rup­toren, chemische Ver­bin­dun­gen, die das Hormon­system stören, stehen dabei im Fokus der For­schung. Diese Sub­stanzen, die uns täglich umgeben, stellen neue Heraus­for­derun­gen dar, da sie subtile und weitreichende Aus­wir­kungen auf unser Hormon­system haben können.

Prof. Josef Köhrle von der Charité – Universitäts­medizin Berlin warnt vor den negativen Aus­wir­kun­gen endo­kriner Disrup­toren, insbeson­dere auf die Ent­wick­lung von Kindern im Mutterleib. Kinder, die im Mutter­leib hohen Mengen dieser Stoffe aus­gesetzt sind, können schwere Gehirn­ent­wick­lungs­stö­rungen erleiden, was sich in einer drei­fach ver­zögerten Sprach­ent­wick­lung im Alter von sieben bis zehn Jahren zeigt. Die Störungen des Hormon­systems können weit­reichende Folgen für Wachs­tums- und Ent­wick­lungs­prozesse haben, insbesondere bei Ungeborenen und Klein­kindern.

Die Europäische Gesellschaft für Endo­krinologie (ESE) hat die gesund­heits­schäd­liche Wir­kung endokriner Dis­rup­toren auf die frühe Ent­wick­lung als eines der wichtigsten „topics of concern“ identifi­ziert. Die Sub­stanzen beein­flussen den Hormon­stoff­wechsel der Schild­drüse und können zu Störungen wie Hyper- oder Hypo­thyreose führen. Besonders während der Schwan­ger­schaft, vor allem im ersten Tri­mester, ist der embryo­nale Organis­mus auf die Ver­sor­gung mit mütterlichem Schild­drüsen­hormon T4 angewiesen.

Von Plastik bis hin zu Pestiziden: allgegenwärtige Quellen endokriner Disruptoren

Von den etwa 350.000 bekannten Chemi­kalien sind 50 als endokrine Disruptoren definiert, darunter weitverbreitete Sub­stanzen wie Bisphenol A, Phthalate (Weich­macher), Tenside wie Nonylphenol, Flamm­schutz­mittel, polychlorierte Biphenyle (PCBs), bestimmte Pestizide und Kon­ser­vie­rungs­stoffe wie Butylparaben. Eine Haupt­quelle dieser Chemi­kalien ist Plastik, dessen Masse sich in den letzten sieben Jahr­zehnten ver­zwei­hundert­facht hat.

Iodversorgung: ein wichtiger Schutzfaktor

Um Schwangere und Ungeborene vor den schäd­lichen Aus­wir­kun­gen zu schützen, betont Prof. Köhrle die Not­wen­dig­keit einer verbesserten Iod­ver­sor­gung. Iod spielt eine entschei­dende Rolle in der Schild­drüsen­funktion und kann mög­licher­weise einen Schutz­effekt gegen die negativen Aus­wir­kun­gen endokriner Dis­ruptoren bieten. Viele Schwangere in Deutsch­land sind nicht aus­reichend mit Iod versorgt, was die Vulnera­bilität gegenüber endo­krinen Disruptoren erhöht. Prof. Köhrle fordert daher eine verbesserte Iod­ver­sor­gung für Frauen mit Kinder­wunsch, Schwangere und Kinder. Diese Prophy­laxe sollte im Mutter­pass verankert werden und idealerweise schon vor der Schwanger­schaft beginnen.

Individuelles Konsumverhalten kann ebenfalls zur Reduzie­rung der Risiken beitragen. Verbraucherinnen und Verbraucher können durch die Vermeidung von Plastik ihre Exposition verringern und auf Alter­nativen wie Glas oder Metall umsteigen. Es gibt Apps, die Produkte auf schäd­liche Sub­stanzen prüfen und seriöse Informa­tionen bieten. Strengere Regulie­rungen und Verbote bei der Herstellung und Nutzung gefährlicher Chemi­kalien sind ebenfalls notwendig. Die Forschung und die Erkennt­nisse führender Expertinnen und Experten wie Prof. Köhrle sind entscheidend, um die Trag­weite dieses Problems zu verstehen und recht­zeitig geeignete Maß­nahmen zum Schutz der Gesund­heit zu ergreifen.

Quellen:

International Journal of Hygiene and Environmental Health, 2024; DOI: 10.10.16/j.ijheh.2024.114421

Nature Reviews Endocrinology, 2024; DOI: 10.1038/s41574-024-00958-0

https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/153016/Schilddruesenfunktion-unter-endokrinen-Disruptoren-Schwangere-und-Ungeborene-brauchen-den-Schutz-durch-Jod?rt=6432a3582e702059726333b4ff3c8f68=6432a3582e702059726333b4ff3c8f68