Einzelfallprüfung nach Verordnung von Zopiclon

      Newsletterbeitrag     Regress in der Praxis

Eine Fallschilderung von Prof. Dr. Markus Weih

Ein Arzt verschreibt einem schwer und chronisch kranken Patienten über mehrere Quartale Zopiclon. Insgesamt werden etwa 20 Kassenrezepte für den Patienten ausgestellt, der u. a. unter einer relevanten, therapieresistenten Insomnie leidet. Etwa ein Jahr später kommt es zu einer Einzelfallprüfung.

Der Fall

Ein Arzt verschreibt einem schwer kranken, psychiatrisch komorbiden Patienten, der neben einer relevanten, therapieresistenten Insomnie auch unter einer posttraumatischen Belastungsstörung, einer generalisierten Angststörung, Angst und Depression, einer kombinierten Persönlichkeitsstörung, dissoziativen Störung und einer Somatisierungsstörung leidet, über mehrere Quartale Zopiclon. Insgesamt wurden etwas mehr als 20 Kassenrezepte ausgestellt. Etwa ein Jahr später kam es aufgrund der Verordnungen von Zopiclon zu einer Einzelfallprüfung. Die Krankenkasse begründete den Prüfantrag damit, dass die Verordnungen unwirtschaftlich seien. Bei der Verordnung des Arzneimittels mit bekanntem Abhängigkeitspotential sei es zu einer Mengenüberschreitung gekommen. Die maximale Tagesdosis liege demnach bei 7,5 mg für einen Zeitraum von maximal 4 Wochen.

Z-Substanzen: Zopiclon, Zolpidem und Eszopiclon

Zolpidem, Zopiclon und neuerdings Eszopiclon gehören zu den Non-Benzodiazepin-Hypnotika. Da Zolpidem mit einer Halbwertszeit von 1,5–2,5 h kürzer wirksam ist als Zopiclon (2–6 h), wird es gelegentlich bei Einschlafstörungen oder zur Verhinderung eines Überhangs bevorzugt. Bei beiden Substanzen ist das Abhängigkeitsrisiko gegeben, wenn auch geringer als unter Benzodiazepinen. Auch ist die Kumulationsgefahr geringer als bei den Benzodiazepinen. Zolpidem und Zopiclon sind zugelassen zur Kurzzeitbehandlung von Schlafstörungen, die bedeutsam genug sind, um Leidensdruck bei den Patienten zu erzeugen.

Z-Substanzen wie Zopiclon zur Behandlung von Schlafstörungen unterliegen einer Verordnungseinschränkung nach der Arzneimittel-Richtlinie (Anlage III, Nummer 32, siehe Kasten). Von der Verordnungseinschränkung ausgenommen ist u. a. eine länger als 4 Wochen dauernde Behandlung, wenn es sich um einen medizinisch begründeten Einzelfall handelt. Es wird darauf hingewiesen, dass eine längerfristige Anwendung besonders zu begründen ist.

Auszug aus Anlage III zur Arzneimittel-Richtlinie: Verordnungseinschränkungen und -ausschlüsse

32. Hypnotika/Hypnogene oder Sedativa (schlaferzwingende, schlafanstoßende, schlaffördernde oder beruhigende Mittel) zur Behandlung von Schlafstörungen,

  • ausgenommen zur Kurzzeittherapie bis zu 4 Wochen
  • ausgenommen für eine länger als 4 Wochen dauernde Behandlung in medizinisch begründeten Einzelfällen

[…]

Eine längerfristige Anwendung von Hypnotika/Hypnogenen oder Sedativa ist besonders zu begründen.

Stellungnahme des Arztes

In seiner Stellungnahme konnte der Arzt die Verordnungen in diesem sorgfältig und engmaschig dokumentierten Fall schildern: Der Patient sei seit 10 Jahren in regelmäßiger Behandlung in der Praxis gewesen und habe als zuverlässig gegolten. Durch die intensive Betreuung seien Krisen überwunden und Klinikeinweisungen verhindert worden. Der Patient sei insgesamt gut aufgeklärt gewesen und sorgfältig mit dem verordneten Zopiclon umgegangen. Auch die Vortherapie wurde dargestellt. So sei ein Behandlungsversuch mit Mirtazapin an einem Restless-Legs-Syndrom und einer Gewichtszunahme gescheitert. Auch Neuroleptika (inklusive Quetiapin) hätten aufgrund von Nebenwirkungen bei dem Patienten, der auf verschiedene Pharmaka empfindlich reagiere, nicht eingesetzt werden können.

Einzelfallprüfung endet ohne Regress

Da der Arzt belegen konnte, dass die Therapie mit Zopiclon bei dem Patienten engmaschig kontrolliert und sorgfältig dokumentiert wurde und zudem der Überblick über die Verordnungen gewahrt gewesen sei, kam die Prüfungsstelle nach fachlicher Prüfung zu dem Ergebnis, dass die Verordnungen ausreichend, plausibel und zweckmäßig waren. Sie hätten das Maß des Notwendigen nicht überschritten und der Versicherte habe grundsätzlich einen Anspruch auf Versorgung gehabt. Auch die verordnete Menge sei plausibel und nicht unwirtschaftlich gewesen. Es erfolgte kein Regress aufgrund einer unwirtschaftlichen Verordnung. Entscheidend im vorliegenden, zugunsten des Arztes ausgegangenen Fall war die langfristige Betreuung durch die Praxis und die gute Dokumentation der Ausnahmesituation.

Natürlich sollte die Verordnung von Hypnotika normalerweise 4 Wochen nicht überschreiten. So sieht es auch die Regelung in der Arzneimittel-Richtlinie vor. Allerdings ist auch hier festgehalten, dass in schweren und komplizierten Einzelfällen von dieser Regelung abgewichen werden kann.

Prof. Dr. Markus Weih ist Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie. Er ist im Medic-Center Nürnberg – Schöll + Kollegen (MVZ) tätig und für Berufsverband und in Forschung und Lehre aktiv.