Telekonsilien sind jetzt nach EBM und GOÄ berechnungsfähig!
Abrechnungstipps von Dr. med. Gerd W. Zimmermann
Telefonische Kontakte unter Vertragsärztinnen und -ärzten gehören zum Praxisalltag. Oft sind es Hausärzte, die sich mit Fachärzten über notwendige Maßnahmen bei Patienten auf diesem Weg unterhalten. Nicht selten finden solche Kontakte auch mit Krankenhausärzten statt. Der ergänzte Bewertungsausschuss (BA) hat nun in seiner 60. Sitzung beschlossen, dass diese Leistungen künftig abrechnungsfähig sind. Er folgt damit der Maßgabe des Digitale-Versorgung-Gesetzes (DVG) zur Förderung von Telekonsilien in der vertragsärztlichen Versorgung.
Die Änderungen sind bereits zum 1. Oktober 2020 in Kraft getreten. Sofern das Bundesgesundheitsministerium (BMG) diesem Beschluss nicht seine Zustimmung verweigert, tritt er rückwirkend zu diesem Datum in Kraft. Neu eingeführt wurden die Nrn. 01670, 01671 und 01672 in den Abschnitt 1.6 des EBM. Diese Leistungen können von allen Facharztgruppen – auch von Krankenhausärzten ohne Ermächtigung – berechnet werden.
Auch Konsilien mit Krankenhausärzten sind möglich!
Die neue Nr. 01670 EBM (110 Punkte, 12,24 Euro) ist ein Zuschlag zu den jeweiligen vertragsärztlichen Versicherten-, Grund- oder Konsiliarpauschalen für das Einholen eines Telekonsils. Sie beinhaltet obligat die Beschreibung der medizinischen Fragestellung, die Zusammenstellung aller für die Befundung relevanten Informationen, die Einholung der Einwilligung des Patienten und die elektronische Übermittlung aller relevanten Informationen. Die elektronische Übermittlung kann über den nach Konnektoraufrüstung möglichen Weg als eArztbrief oder per Fax erfolgen. Bei der eArztbrief-Variante kann der Veranlasser des Telekonsils zusätzlich die Nrn. 86900 (0,28 Euro) und 01660 (0,11 Euro) für den Versand und der Empfänger des Briefes die Nr. 86901 (0,27 Euro) für den Empfang berechnen. Wird der Faxweg gewählt, kommt in beiden Fällen die Nr. 40111 EBM (0,10 Euro) zum Ansatz. Die Leistung nach Nr. 01670 kann zweimal im Behandlungsfall berechnet werden.
Die Nr. 01671 (128 Punkte, 14,24 Euro) beinhaltet die konsiliarische Beurteilung der medizinischen Fragestellung, die Erstellung eines schriftlichen Konsiliarberichtes sowie auch hier die elektronische Übermittlung an den Arzt, der das Telekonsilium eingeholt hat. Die Leistung umfasst eine Dauer von bis zu 10 Minuten und kann sowohl von Vertragsärzten als auch von im Krankenhaus tätigen, nicht ermächtigten Ärzten berechnet werden. Bei zeitaufwändigeren telekonsiliarischen Beurteilungen ist die Nr. 01672 EBM (65 Punkte, 7,23 Euro) als Zuschlag zur Nr. 01671 je weitere vollendete 5 Minuten, maximal dreimal im Behandlungsfall, berechnungsfähig. Bei Durchführung eines Videokonsiliums, z. B. zwischen einem Hausarzt und einem Facharzt (siehe Fallbeispiel), ist der Technikzuschlag nach den EBM-Nrn. 01450/01451 durch den initiierenden Arzt (in diesem Fall der Hausarzt) berechnungsfähig. Die neu aufgenommenen Leistungen werden zunächst außerhalb der morbiditätsorientierten Gesamtvergütung und damit extrabudgetär vergütet.
Fallbeispiel:
Ein Hausarzt fordert bei einem Onkologen (auch Krankenhausarzt ohne Ermächtigung möglich) eine Stellungnahme zu einem erklärungsbedürftigen Befund bei einem Patienten an. Die Übermittlung der Unterlagen erfolgt elektronisch (oder per Fax). Dafür kann der Hausarzt die Nr. 01670 EBM sowie die Pauschale für die Übermittlung als elektronischer Brief (Nr. 86900 EBM, 0,23 Euro) oder per Fax (Nr. 40111 EBM, 0,10 Euro) berechnen. Den elektronischen Empfang des Konsilbefundes kann er nach Nr. 86901 EBM (0,27 Euro) in Rechnung stellen.
Der Onkologe berechnet für den Empfang des elektronischen Briefes die Nr. 86901 EBM (0,27 Euro) sowie für das „Gutachten“ mit einem Zeitaufwand von 20 Minuten die EBM-Nrn. 01671/01672 (14,24 + 7,23 Euro) und für den elektronischen Versand die Nr. 86900 EBM (0,23 Euro). Alternativ kann auch hier für den Faxversand die Nr. 40111 EBM (0,10 Euro) zum Ansatz kommen.
Tab. 1: Das sind die Leistungspositionen, die zur Verfügung stehen:
EBM | Legende | Euro |
---|---|---|
01670 | Zuschlag zur Versichertenpauschale für die Einholung eines Telekonsiliums | 12,24 |
01671 | Telekonsiliarische Beurteilung einer medizinischen Fragestellung, einmal im Behandlungsfall, 10 Minuten | 14,24 |
01672 | Zuschlag zur Nr. 01671, je weitere 5 Minuten | 7,23 |
86900 | eArztbrief-Versandpauschale | 0,28 |
86901 | eArztbrief-Empfangspauschale | 0,27 |
01660 | (Förder-)Zuschlag zur eArztbrief-Versandpauschale | 0,11 |
40111 | Faxübermittlung Unterlagen/Brief | 0,10 |
Quellen:
Beschluss des ergänzten Bewertungsausschusses 60. Sitzung
Beschluss des Bewertungsausschusses zum 1. Juli 2020
Das Telekonsil gibt es auch in der GOÄ!
Im Bereich der GOÄ hatte der Gebührenordnungsausschuss der Bundesärztekammer (BÄK) bereits am 14./15. Mai 2020 die Nr. 60 GOÄ (16,08 Euro bei 2,3-fachem Satz) für das Videokonsil eingeführt. Begrenzt bis zum 31.12.2020 kann diese Leistung auch dann berechnet werden, wenn es nicht – wie bei der Nr. 60 GOÄ ansonsten Voraussetzung – zuvor zu einem direkten Arzt-Patienten-Kontakt (APK) gekommen ist.
Zwei weitere analoge GOÄ-Leistungen decken dabei den eher speziellen fachärztlichen Bereich ab (siehe Tab. 2).
Tab. 2: Das sind die Leistungen in der GOÄ, die für ein Telekonsil je Arzt berechnungsfähig sind (sie resultieren aus einem Beschluss der Bundesärztekammer vom 14./15. Mai 2020):
GOÄ | Legende | Euro/2,3 |
---|---|---|
60 | Vorstellung eines Patienten und/oder Beratung über einen Patienten in einer interdisziplinären und/oder multiprofessionellen Videokonferenz, zur Diagnosefindung und/oder Festlegung eines fachübergreifenden Behandlungskonzepts, originär Nr. 60 GOÄ | 16,08 |
A60 | Gemeinsame ärztliche telekonsiliarische Fallbeurteilung im Rahmen diagnostischer Verfahren (z. B. bildgebende Verfahren wie CT-, MRT-. Röntgenaufnahmen, Videoendoskopie etc. und/oder z. B. histologischer Befundungen wie Schnittdiagnostik, Ausstrich) („Telekonsil“), analog Nr. 60 GOÄ | 16,08 |
A661 | Telemetrische Funktionsanalyse eines Herzschrittmachers, eines Kardioverters bzw. Defibrillators und/oder eines implantierten Systems zur kardialen Resynchronisationstherapie (CRT), wenn die Daten über eine größere räumliche Entfernung übertragen werden (z. B. aus der häuslichen Umgebung des Patienten heraus), analog Nr. 661 GOÄ | 55,60 |
Dr. med. Gerd W. Zimmermann ist Facharzt für Allgemeinmedizin mit eigener Praxis in Hofheim/Taunus und seit vielen Jahren als Referent sowie Autor zum Thema Leistungsabrechnung nach EBM und GOÄ tätig.