Praxisdigitalisierung: Was man in der Praxis wissen sollte!

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Abrechnungstipps von Dr. med. Gerd W. Zimmermann

Seit dem 1. Januar 2019 muss jede vertragsärztliche Praxis an die sogenannte Telematikinfrastruktur (TI) angeschlossen sein. Dieser Anschluss erfolgt über einen VSDM-Konnektor, der das Einlesen der Versichertenkarte bei gleichzeitiger Online-Kontrolle der Gültigkeit ermöglicht.

Die gematik hat zum 20. Juli 2020 jetzt die erste bundesweite Zulassung für einen sogenannten eHealth-Konnektor erteilt. Hierbei handelt es sich um die nächste Ausbaustufe des VSDM-Konnektors, die neben dem Versichertenstammdatenmanagement (VSDM) zusätzlich medizinische Anwendungen in der TI ermöglicht.

Keine weitere Hardware erforderlich!

Um den VSDM-Konnektor zu einem eHealth-Konnektor zu erweitern, wird kein neues Gerät benötigt. Stattdessen muss nur ein Software-Update eingespielt werden. Dieses Update wird automatisch über den Update-Service der TI bereitgestellt. Man kann dieses Update wie bei jedem Computerprogramm selbst installieren oder über einen Dienstleister einspielen lassen. Die Kosten für das Update sind in den Pauschalen der Anlage 5 der TI-Finanzierungsvereinbarung (Anlage 32 BMV-Ä) enthalten. Praxen erhalten dafür einmalig eine Pauschale von 530 Euro über die zuständige Kassenärztliche Vereinigung (KV). In dieser Pauschale sind dabei auch die Kosten für die zusätzlich notwendigen Anpassungen des Praxisverwaltungssystems (PVS) enthalten.

Notfalldatenmanagement und elektronischer Medikationsplan sind möglich!

Das Update auf den eHealth-Konnektor ermöglicht die Nutzung der ersten medizinischen Fachanwendungen Notfalldatenmanagement (NFDM) und elektronischer Medikationsplan (eMP) in der Versorgung. Neben dem Update des Konnektors ist auch eine PVS-Anpassung nötig, um die Anwendungen nutzen zu können. Das Honorar für die Umsetzung des NFDM wurde bereits vor längerer Zeit durch entsprechende Gebührenordnungspositionen im EBM abgebildet (siehe Tabelle 1).

Tab. 1: Mit diesen EBM-Positionen können Einträge auf den Chip der Versichertenkarte berechnet werden:

EBMLeistungsbeschreibungEuro
01640Anlage eines Notfalldatensatzes als Zuschlag zur Versichertenpauschale
Einmal im Krankheitsfall
8,79
01641Überprüfung und Aktualisierung des Notfalldatensatzes als Zuschlag zur Versichertenpauschale
Einmal im Behandlungsfall
0,44
01642Löschen des Notfalldatensatzes auf Wunsch des Patienten
Einmal im Behandlungsfall
0,11

Quelle: KBV

So geht es weiter bei der Praxisdigitalisierung!

Die nächste Ausbaustufe der Praxisdigitalisierung ist mit den Anwendungen elektronischer Arztbrief (eArztbrief) und elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) verbunden. Dieser Schritt setzt die Nutzung des Kommunikationsdienstes der TI (KIM) voraus, die wiederum nur über den eHealth-Konnektor möglich ist.

Am 29. Juni 2020 hat die gematik den ersten KIM-Dienst bundesweit zugelassen. Mit KIM ist es für Praxen zukünftig möglich, medizinische Dokumente, aber auch einfache Nachrichten elektronisch und sicher über die TI zu versenden und zu empfangen. Bei dem Dienst handelt sich um einen E-Mail-Dienst mit Ende-zu-Ende-Verschlüsselung, der wie ein E-Mail-Programm funktioniert, wobei allerdings jede Nachricht und jedes Dokument verschlüsselt und erst beim Empfänger wieder entschlüsselt wird. Die Übermittlung von KIM-Nachrichten erfolgt ausschließlich innerhalb der TI und somit nur zwischen Teilnehmern, die auch an die TI angebunden sind und einen KIM-Dienst nutzen.

Die Anwendung des eHealth-Konnektors ist keine Pflicht!

Das Update für den eHealth-Konnektor kommt automatisch und ist durch die Finanzierung über die Kassen kostenneutral für die Praxis. Die Aktivierung ist freiwillig, stellt aber die Grundlage für die nächste Ausbaustufe der Praxisdigitalisierung – den Anschluss an den Kommunikationsdienst im Gesundheitswesen (KIM) – dar. Dies erfordert den Abschluss eines Vertrages mit einem zugelassenen KIM-Anbieter (inkl. KIM-Clientmodul), ein entsprechendes Modul für das Praxisverwaltungssystem und die Ausstellung eines elektronischen Heilberufsausweises (eHBA) mindestens der Generation 2.0 für die qualifizierte elektronische Signatur. Unter den KIM-Anbietern kann frei gewählt werden, da jeder Dienst zuvor die Kompatibilität mit den Praxisverwaltungssystemen nachweisen muss. Die für diesen Dienst anfallende Betriebskostenpauschale von 23,40 Euro sowie eine einmalige Einrichtungspauschale von 100 Euro wird von der KV überwiesen. Die elektronische Übermittlung von Arztbriefen ist die erste Anwendung, die über einen KIM-Dienst erfolgen darf. Die hierfür zur Verfügung stehenden Abrechnungspauschalen wurden ebenfalls bereits vor längerer Zeit in den EBM eingeführt (siehe Tabelle 2).

Tab. 2: Diese EBM-Positionen können für das Versenden und den Empfang von Arztbriefen berechnet werden:

EBMLegendeEuroBemerkungen
86900eArztbrief-Versandpauschale0,28Gültig seit 1. April 2020 –
Höchstwert 23,40 Euro
86901eArztbrief-Empfangspauschale0,27
01660(Förder-)Zuschlag zur eArztbrief-Versandpauschale0,11Gültig seit 1. Juli 2020 bis 30. Juni 2023

Quelle: KBV

Ab 1. Januar 2022 wird KIM zur Pflicht!

Spätestens ab 1. Januar 2022 ist es indirekt Pflicht, diese Digitalisierungskomponenten in der Praxis vorzuhalten. Ab diesem Zeitpunkt dürfen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen nämlich nur noch online direkt an die zuständige Kasse über diesen KIM-Dienst verschickt werden. Das ist aber immer noch nicht das Ende! Als nächste Ausbaustufe folgt voraussichtlich ab dem 1. Januar 2021 ein Update auf den ePA-Konnektor, der die Funktionalität der elektronischen Patientenakte (ePA) ermöglicht.

Dr. med. Gerd W. Zimmermann ist Facharzt für Allgemeinmedizin mit eigener Praxis in Hofheim/Taunus und seit vielen Jahren als Referent sowie Autor zum Thema Leistungsabrechnung nach EBM und GOÄ tätig.