Neue KBV-Vorgaben: So müssen kurative und präventive SARS-CoV-2-Tests gehandhabt werden!
Abrechnungstipps von Dr. med. Gerd W. Zimmermann
Die Verfahrensweise bei der kurativen Diagnostik eines Verdachts auf eine SARS-CoV-2-Infektion ist eindeutig geregelt. Wenn die sog. RKI-Kriterien – die sind erfüllt, wenn der Patient Symptome hat und Kontakt zu einem Infizierten hatte – zutreffen, kann der Abstrich nach Nr. 02402, ggf. zusätzlich nach Nr. 02403 EBM, wenn keine Versichertenpauschale zum Ansatz kommt, berechnet und der Behandlungstag mit der Pseudonummer 88240 gekennzeichnet werden. In diesem Fall werden alle Leistungen an diesen Tagen extrabudgetär vergütet.
Anders sieht es bei präventiven Anlässen aus, die sich nunmehr nach der bereits 3. Änderung der „Verordnung zum Anspruch auf bestimmte Testungen für den Nachweis des Vorliegens einer Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2“ (Coronatest-RVO) erneut verändert darstellen.
Die Beauftragung der Labordiagnostik mittels PCR-Test oder Labor-Antigentest erfolgt nun über das deutlich veränderte Formular OEGD. Dabei wird das Testverfahren (PCR- oder Antigentest) durch den beauftragten Laborarzt auf der Grundlage der Angaben auf dem Formular, der Nationalen Teststrategie und der Verfügbarkeit der Testsubstanz bestimmt. Da dieses neue Formular noch nicht zur Verfügung steht, kann vorübergehend, aber längstens bis Ende des Jahres, noch das alte Formular verwendet werden. Die Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) sind verpflichtet, die neuen Formulare zeitnah bereitzustellen.
Das neue Formular OEGD gibt über die sehr differenzierten Ankreuzfelder Auskunft über die präventiven Testanlässe:
» Zum Ansichtsexemplar des neuen Formulars
Gesetzliche Grundlage geändert!
Hintergrund dieser Neuregelung ist, dass die Kassenärztlichen Vereinigungen durch die neue Testverordnung (TestV) verpflichtet worden sind, auch die Anlässe der Durchführung von Coronatests an das BMG zu melden. Deshalb ist das Formular OEGD dahingehend geändert worden, dass durch eine Vielzahl von Ankreuzfeldern eine solche Information möglich wird. Diese sehr aufwändige Auftragserteilung führt zu einer weiteren bürokratischen Belastung der Praxen, die mit dem vorgesehenen Honorar von 15 Euro für den Abstrich, die Beratung und ggf. ein Zeugnis weder erfasst noch abgedeckt ist.
Eine Sonderstellung nehmen hier die Antigentests ein, die künftig nicht nur im Labor, sondern auch in den Praxen oder sogar extern, z. B. in Altersheimen durch Pflegekräfte, durchgeführt werden können. Dabei dürfen nur solche PoC-Antigentests, kontingentiert auf den monatlich zu erwartenden Bedarf, bestellt werden, die zum Zeitpunkt der Bestellung für den Abrechnungszeitraum auf der Internetseite des BfArM (www.bfarm.de/antigentest) aufgeführt sind. Ein positives Ergebnis eines solchen PoC-Antigentests muss entsprechend den Empfehlungen des Robert Koch-Instituts (RKI) mittels (PCR-)Nukleinsäurenachweis bestätigt werden.
Besonderheiten bei Antigentests beachten!
Die in der Praxis erbrachten PoC-Antigentests können zzgl. der Sachkosten in Höhe von maximal 7 Euro je Test gegenüber der zuständigen KV als Sammelabrechnung oder nach regional unterschiedlichen Pseudoabrechnungspositionen geltend gemacht werden. Ausgenommen sind Tests beim eigenen Praxispersonal und den Praxisinhabern: Hier können nur die Kosten, nicht aber das Honorar von 15 Euro berechnet werden.
Man sollte genau überlegen, ob man das in der Praxis macht!
Die Rahmenbedingungen für das Testen in der eigenen Praxis sind betriebswirtschaftlich und organisatorisch problematisch. Das Personal, das solche Tests durchführen müsste, kommt mit infektiösem Material in Kontakt. Man braucht deshalb umfangreiche Schutzkleidung und einen gesonderten Entsorgungsweg für dieses Material. Außerdem erheben die KVen einen Verwaltungskostenbeitrag bei der Abrechnung der Leistungen von 0,7 Prozent. Die aus dem Honorar von 15 Euro und der Sachkostenerstattung resultierenden 22 Euro je Test müssen deshalb abzüglich der so resultierenden Praxis- und Verwaltungskosten kalkuliert werden. Hinzu kommt das finanzielle Risiko für Fehlbestimmung. Es empfiehlt sich deshalb, nicht nur die PCR-Tests, sondern auch die neuen Antigentests dem kooperierenden Labor zu überlassen. Die „Schnelligkeit“ der Vorlage des Testergebnisses dürfte dabei im Zeitalter der schnellen Kommunikationsübermittlung nur geringfügig leiden.
Neue Kodierungsempfehlungen beachten!
Da viele Laborpraxen zuletzt Engpässe bei der Analyse von Material zur Beurteilung auf das Vorliegen einer SARS-CoV-2-Infektion gemeldet hatten, hat der Bewertungsausschuss in seiner 490. Sitzung, zunächst begrenzt auf den Zeitraum 1. Oktober 2020 bis 31. Dezember 2020, festgelegt, dass solche Testungen nur noch bei eindeutig COVID-19-typischen Symptomen erfolgen sollen. Als solche wurden eine akute respiratorische Insuffizienz oder der Verlust von Geruchs- und Geschmackssinn oder klinische oder radiologische Hinweise auf eine virale Pneumonie festgelegt.
Dieser Definition hat sich das RKI mittlerweile mit einer Anpassung seiner Kriterien angeschlossen und auch die KBV hat in ihrem aktuellen Newsletter eine entsprechende Kodierhilfe veröffentlicht. Formal ist es zur Begründung eines kurativen Tests jetzt notwendig, dass neben dem medizinischen Anlass, z. B. einer Sinubronchitis (J20.9 G), auch das Symptom, z. B. eine respiratorische Insuffizienz (J96.09 G), dokumentiert werden muss. Es empfiehlt sich deshalb, die in der Tabelle beispielhaft angeführten ICD-10-Codes zu verwenden, wenn von einem Patienten entsprechende Symptome angegeben werden. Wird dieser Nachweis nicht geführt, könnten sowohl der Ansatz für die Testung nach Nr. 02402 EBM als auch die Kennnummer 88240 von der zuständigen KV beanstandet werden.
Zumindest im 4. Quartal 2020 muss ein Test klinisch begründet sein, will man den Abstrich nach Nr. 02402 EBM und/oder die Pseudonummer 88240 ansetzen. Bei einer Sinubronchitis muss z. B. zusätzlich oder isoliert auch eine respiratorische Insuffizienz, eine Geruchs-/Geschmacksstörung oder ein Röntgenbefund, der auf eine Viruspneumonie hinweist, vorliegen:
ICD 10 | Beschreibung |
---|---|
J20.9 G | Sinubronchitis, nicht näher bezeichnet |
J96.09 G | Respiratorische Insuffizienz |
J12.8 G | Viruspneumonie, anderenorts nicht klassifiziert |
R43.8 G | Störungen des Geruchs- und Geschmackssinnes |
U99 G | Spezielle Verfahren zur Untersuchung auf SARS-CoV-2 |
Z20.8 G | Kontakt mit und Exposition gegenüber sonstigen übertragbaren Krankheiten |
Quellen: Beschluss des Bewertungsausschusses (490. Sitzung), KBV-Newsletter 13.11.2020
Wichtig!
Bei präventiven Anlässen wie zuvor dargestellt, ist eine solche „Diagnose-Sorgfalt“ nicht erforderlich, da ein Anrecht auf eine Testung – wie es in den Ankreuzfeldern auf dem neuen Formular OEGD dargestellt ist – aus der gesetzlichen Grundlage entsteht und damit verbindlich ist.
Dr. med. Gerd W. Zimmermann ist Facharzt für Allgemeinmedizin mit eigener Praxis in Hofheim/Taunus und seit vielen Jahren als Referent sowie Autor zum Thema Leistungsabrechnung nach EBM und GOÄ tätig.