Long COVID wird nach EBM berechnungsfähig

      Abrechnung     Meine Praxis; Wirtschaft­liche Ver­ord­nung; SARS-CoV-2

Abrechnungstipps von Dr. med. Gerd W. Zimmermann

Leistungen bei Patien­tinnen und Patien­ten mit Ver­dacht auf oder bei Nac­hweis einer Long-COVID-Erkran­kung können seit dem 1. Januar 2025 zulasten der GKV in Rechnung gestellt werden. Nachdem der Gemein­same Bundes­ausschuss (G-BA) am 1. Mai 2024 die Long-COVID-Richt­linie (LongCOV-RL) beschlossen hatte, wurden nun mit dem Beschluss des Bewertungs­ausschusses (BA) am 11. Dezember 2024 auch die entspre­chenden Gebühren­ordnungs­positionen (GOP) festgelegt und bewertet.

Der Beschluss des BA regelt, welche GOP von den abrechnungs­berechtigten Vertrags­ärztinnen und -ärzten zusätz­lich berechnet werden können. Das Kapitel IV des Ein­heit­lichen Bewertungs­maßstabs (EBM) wurde dazu um fünf GOP im neuen Abschnitt 37.8 des EBM erweitert. Alle Leistungen werden zunächst extra­budgetär vergütet.

Das sind die neuen Gebühren­ordnungs­positionen:

  • GOP 37800 für das Basis-Assessment:
    Nach der LongCOV-RL ist in der Regel die Haus­ärztin bzw. der Haus­arzt erste Anlauf­stelle für Betroffene und über­nimmt eine koordi­nie­rende Funk­tion, um die weiteren Schritte unter anderem mit Fach­ärztinnen bzw. -ärzten abzustimmen. Aufgabe der Haus­ärztinnen und -ärzte ist es, ein Basis-Assess­ment nach der LongCOV-RL zu erstellen, das die Abklä­rung des Ver­dachts auf das Vor­lie­gen einer Erkran­kung durch syste­ma­tisches Erfassen und Bewerten des Gesund­heits­zustands der Patientin bzw. des Patienten beinhaltet. In Aus­nahme­fällen ist dieses Basis-Assess­ment auch durch eine Fach­ärztin bzw. einen Fach­arzt berechnungs­fähig.
    Die GOP ist mit 20,33 Euro (164 Punkte) bewertet und kann einmal im Krank­heits­fall (vier Quartale) berechnet werden.
     
  • GOP 37801 – Zuschlag zur GOP 37800:
    Bei schweren Ver­läufen können Haus­ärztinnen und -ärzte einen Zuschlag zum Basis-Assess­ment nach der GOP 37801 (128 Punkte, 15,86 Euro) bis zu zwei­mal im Krank­heits­fall in Rech­nung stellen. Als „Schwere Fällen“ gelten z. B. Patien­tinnen und Patienten mit Post-COVID nach dem ICD-10-Kode U09.9! (Post-COVID-Zustand nicht näher bezeich­net) und einer schweren Funk­tions­ein­schrän­kung nach dem ICD-10-Kode U50.4- (Schwere moto­rische Funktions­ein­schrän­kung). Auch Patien­tinnen und Patienten mit Ver­dacht auf ein Chro­ni­sches Fatigue-Syndrom (ICD-10-Kode G93.3 V) und einer seit min­destens vier Wochen bestehenden Arbeits­unfähig­keit auf­grund dieser Erkran­kung fallen in diese Kate­gorie.
    Bei dem Bestehen einer ent­sprechen­den Sympto­matik ist z. B. die struk­tu­rierte Erst­erfassung einer möglichen PEM (Post-exertionelle Malaise) oder eines POTS (posturales ortho­statisches Tachy­kardie­syndrom) Bestand­teil des Leistungs­inhalts der GOP 37801.
     
  • GOP 37802 – Zuschlag zur Versicherten- oder Grund­pauschale:
    Koordi­nie­rende Haus­ärztinnen und -ärzte erhalten außerdem einen Zuschlag zur Versicherten­pauschale, wenn die Patientin bzw. der Patient in dem Quartal durch min­destens eine wei­tere Vertrags­ärztin bzw. einen weiteren Vertrags­arzt einer anderen Fach­rich­tung behandelt wird und die obligaten Leistungs­inhalte erfüllt sind. Die GOP 37802 ist mit 17,47 Euro (141 Punkte) bewertet und einmal im Behand­lungs­fall berechnungs­fähig.

Die Teilnahme an patienten­bezogenen Fall­bespre­chungen können von teil­neh­menden Ärztinnen und Ärzten nach der GOP 37804 (86 Punkte/10,66 Euro) bis zu fünf­mal im Krank­heits­fall berechnet werden, wobei eine Bespre­chung in Präsenz, per Video oder tele­fo­nisch möglich ist.

Basis­versorgung kann durch sog. spezia­li­sierte ambulante Ver­sor­gung ergänzt werden

Koordinierende Haus­ärztinnen und -ärzte können Patien­tinnen und Patienten auch zu einer differen­tial­diagnosti­schen Abklä­rung an eine Hoch­schul­ambulanz (nach § 117b SGB V) oder eine spezia­li­sierte vertrags­ärzt­liche Praxis über­weisen. Dort kann einmal im Behand­lungs­fall (höchstens zwei­mal im Krank­heits­fall) die GOP 37806 (219 Punkte/27,14 Euro) zur Abrechnung kommen.

Diese Ein­rich­tun­gen müssen aller­dings bestimmte Krite­rien der LongCOV-RL erfüllen. Dazu gehört die Gewährleistung einer neuro­lo­gischen, kardio­lo­gischen und pneumo­lo­gischen Ver­sor­gung. Außer­dem müssen die Ein­rich­tun­gen an der klini­schen For­schung zu den in der LongCOV-RL genannten Erkran­kungen beteiligt sein.

EBM

Leistungsbeschreibung

Punkte/Euro

37800

Basis-Assessment durch den koordi­nie­ren­den Vertrags­arzt bei Patienten mit einer Indika­tion gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 1 Long-COV-RL mit Angabe der Indika­tion, einmal im Krank­heits­fall

Obligater Leistungsinhalt
Basis-Assess­ment mit aus­führ­licher, struk­tu­rier­ter Anamnese und ausführlicher kör­per­licher Unter­suchung mit Erfassung des neurolo­gischen, des funktio­nellen und des Ernäh­rungs­status

Die GOP ist nicht neben den GOP 01732, 03220, 03360, 03370, 04220, 04370 und 37801 berechnungs­fähig.

164/20,33

37801

Zuschlag zur GOP 37800 für Patienten, die auf­grund der Art, Schwere und Komple­xität ihres Krank­heits­ver­laufes bestimmte Kriterien erfüllen, z. B. ICD-10-GM U09.9! und U50.4-, höchstens zwei­mal im Krank­heitsfall

Die GOP ist nicht neben der GOP 37800 berech­nungs­fähig.

128/15,86

37802

Zuschlag zur Versicherten- oder Grund­pauschale für den koordi­nie­renden Vertrags­arzt, wenn der Patient pro Quartal durch min­destens einen wei­teren Vertrags­arzt einer anderen Fach­richtung behandelt wird, einmal im Behand­lungs­fall

Die GOP ist nicht berechnungsfähig

  • neben den GOP 03220, 04220, 14240, 14313, 14314, 16230, 16231, 16233, 21230, 21231, 21232 und 21233 und nicht neben den GOP des Abschnitts 37.2,
  • im Behandlungs­fall neben den GOP 03362, 03371, 04371 und 37302.
 

141/17,47

37804

Fallbesprechung, höchstens fünfmal im Krank­heits­fall, auch bei einer telefonischen Fall­besprechung oder als Video­fall­besprechung

Obligater Leistungsinhalt:
Patientenorientierte Fall­besprechung unter Beteiligung der not­wendigen ärzt­lichen Fach­disziplinen und/oder weiterer kom­plemen­tärer Berufe sowie mit Pflege­kräften bzw. Ange­hörigen, die an der medizi­nischen Behand­lungs­pflege des Patienten beteiligt sind

Die GOP ist nicht neben den GOP 01442, 01758, 30210, 30706, 30948, 37120, 37320, 37400 und 37720 berechnungs­fähig.

86/10,66

37806

Pauschale für die spezia­lisierte ambulante Ver­sor­gung, einmal im Behand­lungs­fall, höchstens zweimal im Krank­heitsfall

Obligater Leistungsinhalt:
Unterstützung und Beratung bei der Abklärung und bei der Behand­lung, Über­prüfung und ggf. Vor­schläge zur Anpassung des Behand­lungs­plans, fach­liche Beratung und Informations­austausch mit dem koordinierenden Arzt

219/27,14

Quelle: KBV

Hintergrund

Die LongCOV-RL des G-BA bezieht sich auf Betroffene aller Alters­gruppen. Ziel ist die bessere und schnellere Ver­sor­gung von Patien­tinnen und Patien­ten mit Ver­dacht auf Long COVID und Erkran­kun­gen, die eine ähn­liche Ursache oder Krank­heits­aus­prägung auf­weisen. Dazu zählen auch das Post-Vac-Syndrom (Beschwer­den nach einer COVID-19-Impfung) und ME/CFS (Myalgische Enze­phalomyelitis/Chro­nisches Fatigue-Syndrom).

Dr. med. Gerd W. Zimmermann ist Facharzt für Allgemeinmedizin und seit vielen Jahren als Referent sowie Autor zum Thema Leistungsabrechnung nach EBM und GOÄ tätig.