Die Wundversorgung nach EBM und GOÄ: Leistungen müssen zusammengesucht werden

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Abrechnungstipps von Dr. med. Gerd W. Zimmermann

Abrechnungstechnisch gesehen kann es ein Fehler sein, Leistungen, die im Regelleistungsvolumen (RLV) oder einem Qualitätszuschlag (QZV) eingeschlossen sind, grundsätzlich nicht selbst zu erbringen. RLV und QZV werden im Quartal nämlich nicht zwangsläufig bereits durch Grund- oder Versichertenpauschalen, Gesprächsgebühren oder Chronikerpauschalen ausgeschöpft. Das liegt daran, dass die jährlichen Zuwachsraten im EBM aus unterschiedlichen Quellen kommen! Lediglich in der GOÄ muss man solche Überlegungen nicht anstellen. Hier herrscht immer noch die Einzelleistungsvergütung.

Alle budgetierten Leistungen im EBM werden aus der sog. morbiditätsbedingten Gesamtvergütung (MGV) bezahlt. Sie erhöht sich jedes Jahr um die Anhebung des Orientierungspunktwertes (2021 auf 11,1244 Cent) und auf der Grundlage der KV-spezifischen Demographie- und Morbiditätsentwicklung. Nur die Anhebung des Orientierungspunktwertes wirkt sich unmittelbar auf die Bewertung der einzelnen EBM-Leistungen aus. Die Demographie- und Morbiditätskomponente hingegen fließt in das RLV-/QZV-System. De facto bedeutet dies, dass die Anhebung des Budgets in der Regel stärker ist als die Anhebung der dort zur Abrechnung kommenden Leistungspositionen. Die Folge ist: Wer z.B. zum Ende des Quartals hin Leistungen nicht selbst erbringt, sondern aus Angst, sie nicht bezahlt zu bekommen, an andere Leistungserbringer delegiert, „verschenkt“ Geld.

Die Wundversorgung ist im EBM stark pauschaliert!

Ein Beispiel für eine solche Leistungsgruppe, die man abrechnungstechnisch nicht „links liegen lassen“ sollte, ist die Wundversorgung in der Praxis. In der Regel werden diese Leistungen aus einem Qualitätszuschlag (QZV) heraus vergütet. Nicht ausgeschöpfte Honorarvolumina des QZV fließen zwar in das RLV zurück und sind damit zunächst nicht verloren. Sie müssen dort aber auch ausgeschöpft werden und das ist mit den oben erwähnten Pauschalen allein nicht unbedingt gewährleistet.

Im EBM stehen im Abschnitt II 2.3 (Kleinchirurgische Eingriffe) die Leistungen nach den Nrn. 02300 (Kleinchirurgischer Eingriff I und/oder primäre Wundversorgung und/oder Epilation), 02301 (Kleinchirurgischer Eingriff II und/oder primäre Wundversorgung mittels Naht) und 02302 (Kleinchirurgischer Eingriff III und/oder primäre Wundversorgung bei Säuglingen, Kleinkindern und Kindern) sowie die Nrn. 02310 (Behandlung einer/eines/von sekundär heilenden Wunde(n) und/oder Decubitalulcus (-ulcera), 02311 (Behandlung des diabetischen Fußes) und 02312 (Behandlungskomplex eines oder mehrerer chronisch venöser Ulcera cruris) zur Verfügung (siehe Tabelle1).

EBM

Legende

GOÄ

Legende

02300

Kleinchirurgischer Eingriff I und/oder primäre Wundversorgung und/oder Epilation

2000
2003

Erstversorgung einer kleinen Wunde
Erstversorgung einer großen und/oder stark verunreinigten Wunde

02301

Kleinchirurgischer Eingriff II und/oder primäre Wundversorgung mittels Naht

2001
2002

2004
2005

2008
2009

Versorgung einer kleinen Wunde einschließlich Naht
Versorgung einer kleinen Wunde einschließlich Umschneidung und Naht
Versorgung einer großen Wunde einschließlich Naht
Versorgung einer großen und/oder stark verunreinigten Wunde einschließlich Umschneidung und Naht
Wund- oder Fistelspaltung
Entfernung eines unter der Oberfläche der Haut oder der Schleimhaut gelegenen fühlbaren Fremdkörpers

02302

Kleinchirurgischer Eingriff III und/oder primäre Wundversorgung bei Säuglingen, Kleinkindern und Kindern

2000 bis 2005K
2010

Entfernung eines tiefsitzenden Fremdkörpers auf operativem Wege aus Weichteilen und/oder Knochen

02310

Behandlung einer/eines/von sekundär heilenden Wunde(n) und/oder Decubitalulcus (-ulcera)

2006

Behandlung einer Wunde, die nicht primär heilt oder Entzündungserscheinungen oder Eiterungen aufweist – auch Abtragung von Nekrosen an einer Wunde

02311

Behandlung des diabetischen Fußes

2006

Behandlung einer Wunde, die nicht primär heilt oder Entzündungserscheinungen oder Eiterungen aufweist – auch Abtragung von Nekrosen an einer Wunde

02312

Behandlungskomplex eines oder mehrerer chronisch venöser Ulcera cruris

2006

Behandlung einer Wunde, die nicht primär heilt oder Entzündungserscheinungen oder Eiterungen aufweist – auch Abtragung von Nekrosen an einer Wunde

Tabelle 1: Diese Leistungen stehen im EBM und in der GOÄ zur Wundbehandlung zur Verfügung.

So geht die Abrechnung nach EBM!

Als Hilfsleistungen (siehe Tabelle 2) kommen Maßnahmen nach den Nrn. 02313 (Kompressionstherapie bei der chronisch venösen Insuffizienz, beim postthrombotischen Syndrom, bei oberflächlichen und tiefen Beinvenenthrombosen und/oder beim Lymphödem), 30401 (Intermittierende apparative Kompressionstherapie) und 02350 (Fixierender Verband mit Einschluss mindestens eines großen Gelenkes unter Verwendung unelastischer, individuell anmodellierbarer, nicht weiter verwendbarer Materialien) hinzu. Das Problem bei der Anwendung dieser Abrechnungspositionen sind allerdings leider sehr komplizierte Ausschlussregelungen und z.T. auch Höchstwerte. Ein zusätzlicher Blick in die Leistungslegenden der jeweiligen Gebührenordnungspositionen ist deshalb unerlässlich. Bei der Leistung nach Nr. 02311 EBM ist der Ansatz außerdem von einem besonderen Qualifikationsnachweis abhängig und die Nr. 02350 EBM ist nicht in der Präambel des Hausarztkapitels aufgeführt und damit durch Hausärzte nicht neben der Versichertenpauschale nach Nr. 03000 EBM und damit nur bei Notfällen wie z.B. im organisierten Notdienst oder neben der hausärztlichen Notfallpauschale nach Nr. 03030 EBM berechnungsfähig.

EBM

Legende

GOÄ

Legende

02313

Kompressionstherapie bei der chronisch venösen Insuffizienz, beim postthrombotischen Syndrom, bei oberflächlichen und tiefen Beinvenenthrombosen und/oder beim Lymphödem

204

Zirkulärer Verband des Kopfes oder des Rumpfes (auch als Wundverband); stabilisierender Verband des Halses, des Schulter- oder Hüftgelenks oder einer Extremität über mindestens zwei große Gelenke; Schanz'scher Halskrawattenverband; Kompressionsverband

30401

Intermittierende apparative Kompressionstherapie

525

526

Intermittierende apparative Kompressionstherapie an einer Extremität, je Sitzung
Intermittierende apparative Kompressionstherapie an mehreren Extremitäten, je Sitzung

02350

Fixierender Verband mit Einschluss mindestens eines großen Gelenkes unter Verwendung unelastischer, individuell anmodellierbarer, nicht weiter verwendbarer Materialien (nicht neben Versichertenpauschale)

206
207
208

Tape-Verband eines kleinen Gelenks
Tape-Verband eines großen Gelenks oder Zinkleimverband
Stärke- oder Gipsfixation, zusätzlich zu einem Verband

03000

Versichertenpauschale

200

Verband – ausgenommen Schnell- und Sprühverbände, Augen-, Ohrenklappen oder Dreiecktücher –

 

 

201

Redressierender Klebeverband des Brustkorbs oder dachziegelförmiger Klebeverband – ausgenommen Nabelverband –

 

 

209

Großflächiges Auftragen von Externa zur Behandlung von Hautkrankheiten mindestens einer Körperregion (Extremität), je Sitzung

Tabelle 2: Diese „Unterstützungsleistungen“ können ebenfalls bei der Wundversorgung zum Einsatz kommen.

Die GOÄ bietet ein wesentlich breiteres Abrechnungsspektrum!

In der GOÄ gibt es wie üblich für die Abrechnung von Wundversorgungsleistungen sehr viel differenziertere Möglichkeiten als im EBM. Ein Vergleich ist trotzdem möglich und in der Tabelle 1 dargestellt. Für die kleine Wundversorgung stehen die Leistungen nach den Nrn. 2000 bis 2003 GOÄ zur Verfügung, bei der großen Wunde kommen die Nrn. 2003 bis 2005 zum Ansatz. Die Behandlung einer sekundär heilenden Wunde kann nach Nr. 2006 GOÄ berechnet werden, im Gegensatz zum EBM ist das Entfernen von Fäden nach Nr. 2007 GOÄ berechnungsfähig. Größere Eingriffe können nach den Nrn. 2008 (Wund- oder Fistelspaltung), 2009 (Entfernung eines unter der Oberfläche der Haut oder der Schleimhaut gelegenen fühlbaren Fremdkörpers) und 2010 (Entfernung eines tiefsitzenden Fremdkörpers auf operativem Wege aus Weichteilen und/oder Knochen) berechnet werden. Zusätzlich zur Wundversorgung können in der GOÄ in der Regel die Verbände nach den Nrn. 200 bis 208 oder 210 und 211 GOÄ zum Ansatz kommen. Eine Sonderstellung nimmt dabei die Nr. 209 GOÄ ein, die bei einem im Rahmen der Wundversorgung denkbaren großflächigen Auftragen von Externa (z.B. Salben, Cremes, Puder, Lotionen, Lösungen) zur Behandlung von Hautkrankheiten mindestens einer Körperregion (Extremität, Kopf, Brust, Bauch, Rücken) ansetzbar ist. Lediglich der einfache Verband nach Nr. 200 GOÄ ist neben den als operativ eingestuften Wundversorgungsleistungen nach den Nrn. 2000 bis 2005 GOÄ ausgeschlossen, kann aber z.B. neben der Nr. 2006 GOÄ angesetzt werden.

Dr. med. Gerd W. Zimmermann ist Facharzt für Allgemeinmedizin mit eigener Praxis in Hofheim/Taunus und seit vielen Jahren als Referent sowie Autor zum Thema Leistungsabrechnung nach EBM und GOÄ tätig.