Corona-GOÄ gilt weiter bis Jahresende!

      Abrechnung

Abrechnungstipps von Dr. med. Gerd W. Zimmermann

Die Bundesärztekammer (BÄK), der Verband der Privaten Krankenversicherung (PKV-Verband) und die Beihilfekostenträger haben ihre Abrechnungsempfehlung für die Erfüllung aufwändiger Hygienemaßnahmen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie nach Nr. 245 GOÄ analog im Rahmen einer Kompromisslösung erneut bis zum 31.12.2020 verlängert. Entgegen der bisherigen Vereinbarung kann die Leistung jetzt aber nur mit dem 1,0-fachen Satz und deshalb auch nur mit 6,41 Euro in Rechnung gestellt werden. Als Begründung für die Reduktion des Multiplikators wurde angegeben, dass vergleichbare Regelungen, wie z. B. im Rahmen von Behandlungen im Durchgangsarztverfahren, wo die Unfallversicherungsträger nur eine COVID-19-Pauschale für Durchgangsärzte von 4 Euro pro Behandlungstag vergüten, herangezogen wurden.

Rahmenbedingungen

Die Nr. A245 GOÄ kann somit seit dem 1. Oktober zum 1,0-fachen Satz jeweils je Sitzung berechnet werden, wenn ein unmittelbarer Arzt-Patienten-Kontakt (APK) z. B. in der Praxis oder im Rahmen eines Hausbesuchs stattfindet. Es gilt weiterhin die ursprünglich bereits seit dem 9. April 2020 vereinbarte Regelung, dass bei Berechnung der Analoggebühr nach Nr. 245 GOÄ ein erhöhter Hygieneaufwand nicht zeitgleich durch Überschreiten des 2,3-fachen Gebührensatzes für die in gleicher Sitzung wegen der gleichen Indikation erbrachten ärztlichen Leistungen berechnet werden kann. Ebenso weiterhin gültig ist, dass

  • eine Steigerung der anderen in derselben Sitzung erbrachten Leistungen über den Schwellenwert (z. B. 2,3-facher Satz) aufgrund sonstiger Erschwernisgründe, wie z. B. Blutung, Rezidiv, möglich ist und
  • wenn Nr. 245 GOÄ analog nicht berechnet wird und ein erhöhter Hygieneaufwand durch Steigerung der erbrachten Leistungen in Rechnung gestellt wird, die Steigerung für jede einzelne Leistung verständlich und nachvollziehbar begründet werden muss. Hier sind dann keine Pauschalbegründungen wie „Erhöhter Hygieneaufwand“, sondern individuelle Begründungen wie z. B. „Erhöhter Hygieneaufwand bei positivem Abstrichergebnis“ notwendig! Grundlage dieser Regelung ist § 5 Absatz 2 GOÄ, wonach innerhalb des Gebührenrahmens die Gebühren unter Berücksichtigung der Schwierigkeit und des Zeitaufwandes der einzelnen Leistungen sowie der Umstände bei der Ausführung nach billigem Ermessen zu bestimmen sind.

Fazit

Seit dem 1. Oktober 2020 bis zum 31. Dezember 2020 kann bei einem APK in der Praxis oder im Rahmen eines Hausbesuches jeweils weiterhin die Nr. A245 GOÄ zusätzlich zu den übrigen Leistungen berechnet werden. Ist der Anlass der Konsultation durch nur eine Indikation bedingt, kommt bei den übrigen Leistungen in dieser Sitzung nur maximal der jeweilige Schwellenfaktor zum Ansatz (2,3-fach bzw. 1,8-fach bzw. 1,13-fach). Bei anderen zusätzlichen Indikationen ist hingegen eine Überschreitung des Schwellenfaktors mit entsprechender Begründung möglich. Alternativ kann aber auch weiterhin der Multiplikator anstelle der Nr. A245 GOÄ für einen erhöhten Hygieneaufwand herangezogen werden.

Fallbeispiel

Ein 35-jähriger (Privat-)Patient kommt in die Praxis und berichtet, dass er seit mehreren Tagen vermehrt Sodbrennen habe, insbesondere nachts. Außerdem habe er sich bei der Gartenarbeit am Vortag verhoben und seither starke Rückenschmerzen. Bei dem Patienten wird eine Laboruntersuchung veranlasst. Außerdem erhält er eine Überweisung zu einer Gastroskopie. Im Rahmen der körperlichen Untersuchung wird eine Verspannung der Rückenmuskulatur festgestellt und deshalb eine Interferenzstrombehandlung begonnen.

Folgende Abrechnungsvarianten sind auf der Grundlage der zuvor genannten Regelungen möglich:

GOÄLegendeFaktorEuroFaktorEuro
1Beratung (15 Minuten)2,310,723,013,98
7Untersuchung Abdomen oder Bewegungsapparat2,321,463,532,66
250Blutentnahme1,84,19  
551Reizstrombehandlung  2,57,00
A245Erhöhter Hygieneaufwand im Rahmen der SARS CoV-2 Pandemie1,06,41--
SUMMEN 42,78 53,64

In der Tabelle sind die Alternativen „Abrechnung nach Schwellensatz bei Ansatz der Nr. A245“ und „Abrechnung zum erhöhten Satz ohne Ansatz der Nr. A245“ gegenübergestellt. Bei Wahl der Abrechnung mit dem höheren Multiplikator muss für jede einzelne Leistung der erhöhte Faktor nach den Bestimmungen des § 5 Absatz 2 GOÄ begründet werden. Die Begründung kann sich auf einen mehr als gewöhnlichen Hygieneaufwand, aber auch auf andere Erschwernisse beziehen.

Auch bei diesen GOÄ-Leistungen wurden Corona-Ausnahmen verlängert!

Ebenfalls zunächst begrenzt bis zum 31.12.2020 können die folgenden Leistungen, bei denen ansonsten ein persönlicher Arzt-Patienten-Kontakt (APK) Voraussetzung für die Abrechnung ist, auch bei mittelbaren Kontakten (z. B. im Rahmen einer Videosprechstunde) berechnet werden, sofern es sich aus Umständen im Rahmen der COVID-19-Pandemie ergibt:

  • Psychotherapeutische Leistungen zur Eingangsdiagnostik, Indikationsstellung und Aufklärung gemäß den Nummern 801, 807, 808, 860, 885 GOÄ, bei besonderen Ausnahmefällen und unter besonderer Beachtung der berufsrechtlichen Sorgfaltspflichten
  • Psychotherapeutische Leistungen gemäß den Nummern 804, 806, 817, 846, 849, 861, 863, 870, 886 GOÄ

Weiterhin gilt auch die Sonderregelung bei der Vorstellung eines Patienten und/oder der Beratung über einen Patienten in einer interdisziplinären und/oder multiprofessionellen Videokonferenz, zur Diagnosefindung und/oder Festlegung eines fachübergreifenden Behandlungskonzepts. Diese Leistung kann originär nach Nr. 60 GOÄ zeitlich begrenzt bis zum 31.12.2020 auch dann berechnet werden, wenn sich der liquidierende Arzt nicht zuvor oder im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit der konsiliarischen Erörterung persönlich mit dem Patienten und dessen Erkrankung befasst hat. Auch hier muss begründet sein, dass sich dies aus Umständen im Rahmen der COVID-19-Pandemie ergibt.

Dr. med. Gerd W. Zimmermann ist Facharzt für Allgemeinmedizin mit eigener Praxis in Hofheim/Taunus und seit vielen Jahren als Referent sowie Autor zum Thema Leistungsabrechnung nach EBM und GOÄ tätig.