Allergologie in der hausärztlichen Praxis: Was geht und was lohnt sich?

      Abrechnung     Meine Praxis; Wirtschaft­liche Ver­ord­nung

Abrechnungstipps von Dr. med. Gerd W. Zimmermann

Im Abschnitt IV des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs (EBM) sind eine Reihe von fach­über­greifenden Leistungen definiert, die damit auch von Haus­ärztinnen und Haus­ärzten erbracht und berechnet werden können. Zwei Dinge sind dabei aller­dings zu beachten: In den meisten Fällen ist die Ab­rechnung von einem Qualifikations­nachweis ab­hängig, in einigen Fällen sind die Leistungen auch Bestand­teil des sog. K.-o.-Kataloges und führen beim Ansatz zum Verlust der haus­ärztlichen Grund­pauschale nach der Gebühren­ordnungs­position (GOP) 03040 EBM.

Im Abschnitt IV 30.1 sind die allergologischen Leistungen aufge­listet. Sie sind nicht Bestand­teil des sog. K.-o.-Kataloges und können, betriebs­wirtschaft­lich gesehen, als Zusatz­honorar betrachtet werden. Aller­dings sind die GOP 30133 und 30134 sowie die GOP der Abschnitte 30.1.1 und 30.1.2 nur von Haus­ärztinnen und Haus­ärzten mit der Zusatz­bezeichnung „Allergologie“ berechnungs­fähig. Ohne einen solchen Qualifikations­nachweis können Haus­ärztinnen und Haus­ärzte hingegen die GOP 30130 und 30131 zum Ansatz bringen (siehe Tabelle 1).

Tabelle 1: Leistungen, die von allen Hausärztinnen und Hausärzten berechnet werden können

EBM

Leistungs­beschreibung

Punkte/Euro

30130

Hyposensibilisierungs­behandlung

Obligater Leistungs­inhalt

  • Hyposensibilisierungs­behandlung (Desensibilisierung) durch subkutane Allergen­injektion(en),
  • Nach­beobachtung von mindestens 30 Minuten Dauer
 

102/12,17

30131

Zuschlag zu der GOP 30130 für jede weitere Hyposensibilisierungs­behandlung durch Injektion(en) zu unter­schiedlichen Zeiten am selben Behandlungs­tag (zum Beispiel bei Injektion verschiedener, nicht mischbarer Allergene oder Cluster- oder Rush-Therapie)

Obligater Leistungs­inhalt

  • Hyposensibilisierungs­behandlung (Desensibilisierung) durch subkutane Allergen­injektion(en),
  • Nachbeobachtung von mindestens 30 Minuten Dauer

je Hyposensibilisierungs­behandlung bis zu 4-mal am Behandlungs­tag berechnungs­fähig

80/9,55

Da bei einer Hyposensibilisierungs­behandlung allergische Reaktionen bis hin zum Kreis­lauf­schock auf­treten können, ist es wichtig, die obligate Nach­beobachtungs­zeit von mindestens 30 Minuten strikt einzu­halten und das not­wendige Not­fall­set bereitzu­halten. Die GOP 30130 kann nur einmal pro Sitzung bei der Allergen­applikation berechnet werden. Sollen mehrere, z. B. nicht mischbare Allergene am gleichen Tag appliziert werden, kann die GOP 30131 bis zu 4-mal zusätzlich abgerechnet werden, wobei zwischen den einzelnen Injektionen jeweils die Mindest­nach­beobachtungs­zeit von 30 Minuten einge­halten werden muss (Uhrzeit­angabe).
Nicht alle Leistungen aus dem Abschnitt IV 30.1.3 (Hyposensibilisierungs­behandlung) sind aller­dings ohne Qualifikations­nachweis berechnungs­fähig. Ausge­schlossen sind die GOP 30133 und 30134 zum oralen Einsatz bei einer Erdnuss­allergie bei Kindern und Jugendlichen.

Das übrige Spektrum der Leistungen, die im haus­ärztlichen Bereich nur mit der Zusatz­bezeichnung „Allergologie“ berechnet werden können, ist in Tabelle 2 aufgelistet.

Tabelle 2: Diese Leistungen sind nur mit der Zusatzbezeichnung „Allergologie“ berechnungsfähig.

EBM

Leistungs­beschreibung

Punkte/Euro

30100

Spezifische allergologische Anamnese und/oder Beratung

Obligater Leistungs­inhalt

  • Persönlicher Arzt-Patienten-Kontakt,
  • Durchführung einer spezifischen allergologischen Anamnese

und/oder

  • Beratung und Befund­besprechung nach Vorliegen der Ergebnisse der Allergie­testung

Fakultativer Leistungs­inhalt

  • Anwendung eines schriftlichen Anamnese­bogens,
  • Indikations­stellung zu einer Allergie­testung

je vollendete 5 Minuten, höchstens 4-mal im Krank­heits­fall

65/7,76

30110

Allergologisch-diagnostischer Komplex zur Diagnostik und/oder zum Aus­schluss einer (Kontakt-)Allergie vom Spättyp (Typ IV)

Obligater Leistungs­inhalt

  • Epikutan-Testung,
  • Über­prüfung der lokalen Haut­reaktion

Fakultativer Leistungs­inhalt

  • Hautfunktions­tests (z. B. Alkali­resistenz­prüfung, Nitrazingelb­test),
  • ROAT-Testung (wieder­holter offener Expositions­test),
  • Okklusion

einmal im Krank­heits­fall

258/30,79

30111

Allergologisch-diagnostischer Komplex zur Diagnostik und/oder zum Ausschluss einer Allergie vom Soforttyp (Typ I)

Obligater Leistungs­inhalt

  • Prick-Testung,

und/oder

  • Scratch-Testung

und/oder

  • Reibtestung

und/oder

  • Skarifikations­testung

und/oder

  • Intrakutan-Testung

und/oder

  • Konjunktivaler Provokations­test

und/oder

  • Nasaler Provokations­test,
  • Vergleich zu einer Positiv- und Negativ­kontrolle,
  • Über­prüfung der lokalen Haut­reaktion,
  • Vorhaltung notfall­medizinischer Versorgung

einmal im Krank­heits­fall

220/26,25

Die Sach­kosten sind in den jeweiligen Leistungen nicht ent­halten und können über die Pauschalen aus dem Abschnitt V 40.7 nach den GOP 40350 (16,14 Euro) und GOP 40351 (5,50 Euro) geltend gemacht werden. Beachtens­wert ist dabei, dass die Sach­kosten­pauschale nach GOP 40351 auch dann abge­rechnet werden kann, wenn eine allergo­logische Basis­diagnostik über Prick­tests erfolgt, die Bestand­teil der Versicherten­pauschalen nach GOP 03000 oder 04000 ist.

So geht die Abrechnung nach GOÄ!

Die Gebühren­ordnung für Ärzte (GOÄ) sieht grund­sätzlich keine Zusatz­bezeichnungen als Voraus­setzung für die Abrechnung von Leistungen vor. Einige Kosten­träger verlangen mitunter aber einen solchen Nach­weis. Vor Leistungs­erbringung sollte deshalb eine Zusage der Kasse vor­liegen.
Wichtigster Unterschied zwischen den allergo­logischen Leistungen im EBM und in der GOÄ ist das Fehlen von Komplexen und die Einzel­ab­rechnung, bei der allerdings die Kosten nicht gesondert berechnet werden können.
Die subkutane Hyposen­sibilisierung kann in der GOÄ nach Nr. 263 (90 Punkte) berechnet werden und enthält wie im EBM eine 30-minütige Nach­beobachtungs­zeit.

Tabelle 3: Diese allergologischen Leistungen sind in der hausärztlichen Praxis denkbar und nach GOÄ abrechnungsfähig

GOÄ

Leistungs­beschreibung

Euro (2,3-facher Satz)

Epikutantests werden i. d. R. zum Nach­weis von Typ IV-Allergien (Spät­typ) z. B. bei Kontakt­ekzemen einge­setzt.

380

Epikutantest, 1. – 30., je Test

4,02

381

Epikutantest, 31. – 50., je Test

2,68

382

Epikutantest, 51. – 100., je Test

2,01

Pricktests können im Behandlungs­fall (1 Monat) abge­staffelt bis zu einer Höchst­zahl von 80 Tests abge­rechnet werden.

385

Pricktest, 1. - 20., je Test

6,03

386

Pricktest, 21. - 40., je Test

4,02

387

Pricktest, 41. - 60., je Test

2,68

Reibe- oder Scratch­tests können ohne industriell vor­konfektionierte Sub­stanzen durchge­führt werden, z. B. bei einer vermuteten Tierhaar- oder Feder­allergie.

388

Reib-, Scratch­test, 1. – 10., je Test

4,69

389

Reib-, Scratch­test, jeder weitere Test, 10., je Test

3,35

Das Honorar für einen Intrakutan­test wird ab dem 21. Test ohne eine Höchst­zahl reduziert.

390

Intrakutantest, 1. – 20., je Test

8,04

391

Intrakutan­test, jeder weitere Test, je Test

5,36

Die Hyposen­sibilisierung nach Nr. 263 ist zwar auf die Sitzung beschränkt, kann aber bei der Mehr­fach­applikation von z. B. nicht mischbaren Allergenen an einem Tag unter jeweils Einhaltung der Nach­beobachtungs­zeit (Uhrzeit­angabe) mehr­fach berechnet werden.

263

Subkutane Hyposensibilisierungs­behandlung (Desensibilisierung), je Sitzung

12,07

Dr. med. Gerd W. Zimmermann ist Facharzt für Allgemeinmedizin und seit vielen Jahren als Referent sowie Autor zum Thema Leistungsabrechnung nach EBM und GOÄ tätig.