Werden PCR-Tests in der Praxis zum „Retter“?
Abrechnungstipps von Dr. med. Gerd W. Zimmermann
Die Bundesregierung scheint im Kampf gegen die Pandemie mit dem SARS-CoV-2-Virus aktuell verstärkt auf zwei Komponenten zu setzen: Die möglichst flächendeckende Impfung, ggf. sogar als Zwang, und eine Steigerung der (vorsorglichen) Testungen, um eine schnelle Verbreitung des Virus zu verhindern. Da die Labore bei den verbindlichen PCR-Tests Land unter haben, sollen die ambulanten Praxen einspringen. Eine neue Technologie ermöglicht einen solchen Schritt.
Seit dem 11. Januar 2022 können Vertragsärzte sog. PoC-NAT-Tests in der Praxis durchführen und nach der Pseudoziffer 88317 zusammen mit der Quartalsabrechnung abrechnen. Die einzelne Analyse wird vom 1. Februar bis 31. März 2022 mit 43,56 Euro vergütet. Da die Probenkosten zurzeit bei etwa 31 Euro liegen,die Anschaffung des Analysegerätes aber etwa 3.000 Euro kostet, muss man überlegen, ob sich das in der Praxis rechnet.
Einsatz nur nach CoronaTestV!
Point-of-Care-Nukleinsäurenachweise mittels eines PoC-NAT-Testsystems dürfen (wie auch die PCR-Tests im Labor) nur eingesetzt werden, wenn ein Nukleinsäurenachweis nach der TestV zulässig ist, also nicht für Bürgertests oder vorsorgliche Personaltestungen in der Praxis, sondern z. B. für den Bestätigungstest nach positivem Antigen(schnell)test.
Bis solche Geräte tatsächlich in der Praxis eingesetzt werden können, müssen aber auch einige Hürden überwunden werden: Zur Durchführung von PoC-NAT-Tests ist nach der Medizinprodukte-Betreiberverordnung (§ 9) ein Qualitätssicherungssystem erforderlich, das von den zuständigen Landesbehörden überwacht werden kann. Da die hier zum Einsatz kommenden Geräte allerdings mit einem geschlossenen Kartuschensystem arbeiten, kann es sein, dass die Qualitätssicherung – wie bei den Trockenchemie-Geräten – „eingebaut“ ist und nicht zusätzlich extern (z. B. über sog. Ringversuche) erfolgen muss. Eine weitere Voraussetzung ist, dass die Untersuchung des Probenmaterials unmittelbar vor Ort, also in der Praxis oder im Testzentrum und nicht in einem Labor, erfolgt.
PoC-NAT-Test: Was ist das eigentlich?
NAT steht für nucleic acid testing (Nukleinsäuretest). Dabei wird DNA oder RNA in einer Probe nachgewiesen. Da die Menge solcher Moleküle in einer Probe meistens sehr gering ist, wird es in der Regel zunächst vermehrt, bevor es nachgewiesen wird (NAAT = nucleic acid amplification technology, Nukleinsäureamplifikationstechnologie). Dafür gibt es dann verschiedene Methoden, zu denen auch die bisher dominierende PCR (Polymerase-Kettenreaktion) zählt, die allerdings nur im Labor durchgeführt werden kann. Als sogenannte patientennahe oder PoC-Tests (Point-of-Care-Tests) eignen sie sich deswegen nicht.
Außerhalb von Laboren sind hingegen PoC-Tests auf NAT-Basis möglich. NAT steht für „molekulardiagnostisches Testsystem auf Labor-Niveau“. Die Geräte arbeiten in einem geschlossenen Kartuschensystem und können deshalb auch außerhalb von Laboren eingesetzt werden. Das Testergebnis liegt innerhalb von rund 15 Minuten vor.
Fazit
Aktuell sind die Anschaffungskosten für dieses neue Testverfahren in der Praxis zu hoch und es besteht die Gefahr, dass ein Einsatz zu „roten Zahlen“ führt. Die Frage ist auch, ob das Honorar nach dem 31.03.2022 nicht wieder abgesenkt wird.
Weil man dieser Methode aber auch politisch eine große Bedeutung im Kampf gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 beimisst, haben das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWi) und das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) hierzu eine Richtlinie für die Bundesförderung von Produktionsanlagen für PoC-NAT-Schnelltestgeräte und für die dazu notwendigen Testkartuschen zum Nachweis von SARS-CoV-2 vom 23. Dezember 2021 im Bundesanzeiger veröffentlicht.
Unternehmen, die gleichzeitig erfolgreich nach der Richtlinie geförderte Produktionsanlagen für PoC-NAT-Schnelltestgeräte und Testkartuschen in Betrieb genommen haben oder nehmen, können demnach einen Bonus von bis zu 10 Prozentpunkten auf die Förderquote erhalten. Wenn das greift, werden die Gestehungskosten für das Verfahren – ähnlich wie zuletzt bei den Antigen(schnell)tests – zurückgehen. Als Übergangslösung wird in einigen Bundesländern bereits die Anschaffung solcher Geräte subventioniert – leider bisher nur in Apotheken.
Abwarten ist also angesagt! Erst wenn die Rechnung stimmt, kann das eine vertragsärztliche Leistung werden!
Dr. med. Gerd W. Zimmermann ist Facharzt für Allgemeinmedizin mit eigener Praxis in Hofheim/Taunus und seit vielen Jahren als Referent sowie Autor zum Thema Leistungsabrechnung nach EBM und GOÄ tätig.