Was wird aus der eAU? KBV gibt mehrere Übergangsregelungen bekannt!
Abrechnungstipps von Dr. med. Gerd W. Zimmermann
Die Vertreterversammlung (VV) der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) hatte kürzlich einstimmig beschlossen, den Gesetzgeber aufzufordern, die Einführung der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) und des elektronischen Rezeptes (eRezept) zu verschieben. Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) beharrt aber auf dem gesetzlich vorgegebenen Terminplan. Es gibt aber zwei Übergangsregelungen!
Übergangsregelung 1
Mit Rundschreiben vom 23.09.2021 empfiehlt die KBV den vertragsärztlichen Praxen „die Umstellung auf die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung gut vorzubereiten und dafür einen geeigneten Termin zu wählen“. Die Möglichkeit dazu bestehe im gesamten 4. Quartal 2021. Aufgrund von Verzögerungen bei der notwendigen Technik auf Seiten der Krankenkassen sei der zur Vorbereitung vorgesehene Feldtest zwei Monate später gestartet worden als geplant. Das und die unzureichende Teilnehmerzahl hätten dazu geführt, dass man zum Starttermin der eAU am 1. Oktober nicht von einer gut getesteten und stabil laufenden Anwendung ausgehen kann. In diesem Zusammenhang erinnert die KBV daran, dass Praxen aufgrund der kürzlich zwischen KBV und Krankenkassen ausgehandelten Übergangsregelung nicht verpflichtet seien, zum Stichtag 1. Oktober auf die eAU umgestellt zu haben, sondern dafür bis zum 31. Dezember Zeit hätten. Man empfiehlt aber, sich trotzdem auf die eAU vorzubereiten und die notwendige Technik zu beschaffen, einen geeigneten Termin für die Umstellung der Software auf die eAU jedoch nach Praxisgesichtspunkten und in Absprache mit dem IT-Dienstleister zu wählen.
Übergangsregelung 2
Da die eAU am gleichen Tag an die Kasse elektronisch übermittelt werden muss, kann man ein Stylesheet (Screenshot, Bildschirmfoto) postalisch an die Kasse verschicken, wenn der Versand aus technischen Gründen nicht gelingt. Dafür kann als Kostenpauschale die Nr. 40130 EBM (0,81 Euro) berechnet werden.
Weil man jetzt erst erkannt hat, dass es auch die Notwendigkeit für den Versand einer AU auf postalischem Weg neben einer elektronischen Übermittlung bei einem Hausbesuch geben könnte, wurde zusätzlich eine Kostenpauschale für die postalische Versendung einer mittels Stylesheet erzeugten papiergebundenen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung an den Patienten im Zusammenhang mit der Durchführung einer Besuchsleistung entsprechend den Gebührenordnungspositionen 01410, 01411, 01412, 01413, 01415 und 01418 geschaffen. Sie kann nach Nr. 40131 EBM berechnet werden. In diesem Fall muss die Praxis nach dem Hausbesuch die AU elektronisch übermitteln und ein Bildschirmfoto (Stylesheet) an den Patienten verschicken, damit dieser das Papier an den Arbeitgeber weiterleiten kann.
Komplizierter ist der Umgang der eAU bei der Videosprechstunde geregelt. Hier gibt es eine „Fristenregelung“: Vom 01.10.21 bis zum 31.12.21 lautet der Leistungsinhalt der bereits bestehenden GOP 40128 „Kostenpauschale für die postalische Versendung einer mittels Stylesheet erzeugten papiergebundenen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung oder einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung gemäß Muster 1 an den Patienten bei Patientenkontakt im Rahmen einer Videosprechstunde“. Diese Kostenpauschale soll dabei nur berechnungsfähig sein, bis ein verbindliches elektronisches Muster für die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung gemäß des Entgeltfortzahlungsgesetzes zur Verfügung steht. Ab 01.01.2022 wird deshalb in der Legende die Möglichkeit des Versandes nach Muster 1 gestrichen, so dass hier nur noch der Versand eines Stylesheet möglich ist.
Das sind die bisherigen und neuen Versandpauschalen für eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung:
EBM | Legende | Euro | Bemerkungen |
---|---|---|---|
40110 | Kostenpauschale für die Versendung bzw. den Transport eines Briefes und/oder von schriftlichen Unterlagen | 0,81 | Ab 1. Oktober 2021 ist diese Pauschale auf 38,88 Euro (bei Hausärzten) budgetiert. Beim Versand einer AU kann diese Pauschale nicht angesetzt werden. |
88122 | Kostenpauschale für die postalische Versendung einer AU im Rahmen eines Telefonkontaktes | 0,90 | Auch hier muss ab 1. Oktober 2021 die AU an die Kasse elektronisch übermittelt werden! Der Patient erhält auf dem Postweg die AU zur Weitergabe an den Arbeitgeber. |
40130 | Kostenpauschale für die postalische Versendung einer mittels Stylesheet erzeugten papiergebundenen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung an die Krankenkasse des Patienten | 0,81 | Die Kostenpauschale 40130 ist nur berechnungsfähig, wenn nach Ausstellung festgestellt wird, dass die Datenübermittlung an die Krankenkasse nicht möglich ist und diese nicht bis zum Ende des nachfolgenden Werktages nachgeholt werden kann. |
40131 | Kostenpauschale für die postalische Versendung einer mittels Stylesheet erzeugten papiergebundenen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung an den Patienten im Zusammenhang mit der Durchführung einer Besuchsleistung entsprechend der Gebührenordnungspositionen 01410, 01411, 01412, 01413, 01415 und 01418 | 0,81 | Die elektronische Übermittlung an die Kasse ist hier auch verpflichtend. Sollte diese allerdings ebenfalls nicht gelingen, muss ein Stylesheet auch an die Kasse verschickt werden. In diesem Fall können die Nrn. 40130 und 40131 EBM gemeinsam berechnet werden. |
40128 | Kostenpauschale für die postalische Versendung einer mittels Stylesheet erzeugten papiergebundenen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung oder einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung gemäß Muster 1 an den Patienten bei Patientenkontakt im Rahmen einer Videosprechstunde | 0,81 | Auch hier ist die eAU verpflichtend, der Patient kann aber ein Stylesheet oder ein Formular nach Muster 1 auf postalischem Weg zur Weitergabe an die Kasse erhalten. Ab 01.01.2022 ist nur noch der Versand eines Stylesheet an den Patienten möglich. |
Quelle: Beschlüsse des Bewertungsausschusses vom 15. September 2021
Fazit
- Bis zum 31. Dezember 2021 kann man dem Patienten noch das Formular nach Muster 1 mitgeben, das dieser an die Kasse und den Arbeitgeber weiterleitet, wenn die technischen Voraussetzungen in der Praxis für einen elektronischen Versand (noch) nicht vorhanden sind.
- Wer die technischen Voraussetzungen für die eAU in der Praxis bereits geschaffen hat, schickt sie elektronisch an die Kasse und gibt dem Patienten einen Durchschlag für den Arbeitgeber mit. Gelingt der elektronische Versand nicht, muss der Kasse ein Stylesheet postalisch zugeschickt werden.
- Bei Hausbesuchen muss die AU elektronisch an die Kasse verschickt und dem Patienten ein Stylesheet für den Arbeitgeber zugeschickt werden. Gelingt auch hier die elektronische Übermittlung nicht, erhält auch die Kasse ein Stylesheet auf postalischen Weg.
- Wer Videosprechstunde anbietet, muss die AU seit dem 1. Oktober bis zum 31. Dezember 2021 elektronisch an die Kasse senden und dem Patienten auf dem Postweg ein Stylesheet oder ein Formular Muster 1 zuschicken. Gelingt die elektronische Übermittlung nicht, schickt er auch postalisch an die Kasse. Ab 1. Januar 2022 darf an den Patienten nur noch ein Stylesheet zur Weiterleitung an den Arbeitgeber zugeschickt werden. Die Verwendung des Muster-1-Formulars entfällt dann.
Dr. med. Gerd W. Zimmermann ist Facharzt für Allgemeinmedizin mit eigener Praxis in Hofheim/Taunus und seit vielen Jahren als Referent sowie Autor zum Thema Leistungsabrechnung nach EBM und GOÄ tätig.