Überwachung des Kindeswohls wird zur Kassenleistung: Es gibt zwei neue EBM-GOP, deren Umsetzung aber teilweise noch aussteht!
Abrechnungstipps von Dr. med. Gerd W. Zimmermann
In der schriftlichen Beschlussfassung seiner 702. Sitzung hat der Bewertungsausschuss (BA) zwei Leistungspositionen in den EBM aufgenommen, die Vertragsärztinnen und -ärzten eine Art völlig neue Funktion zuteilen. Sie haben seit Jahresbeginn je nach KV-Region die Möglichkeit, eine Meldung von Anhaltspunkten auf eine Gefährdung des Kindeswohls an das Jugendamt und eine gegebenenfalls darauf folgende Fallbesprechung mit dem Jugendamt abzurechnen.
Grundlage ist der § 73c SGB V, wonach die Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) mit den kommunalen Spitzenverbänden auf Landesebene eine Vereinbarung über die Zusammenarbeit von Vertragsärztinnen und -ärzten mit den Jugendämtern schließen, um die vertragsärztliche Versorgung von Kindern und Jugendlichen zu verbessern. Vertragsärztinnen und -ärzten wird so die Aufgabe zugewiesen, im Rahmen von Früherkennungsuntersuchungen nach § 26 oder im Rahmen von ärztlichen Behandlungen – auch von Familienangehörigen – Anhaltspunkte für eine Gefährdung eines Kindes oder eines Jugendlichen im familiären Umfeld festzustellen und zu melden. Diese Leistung kann nach der GOP 01681 berechnet werden. Umgesetzt werden sollen solche Meldungen anhand eines speziellen Meldebogens, der allerdings mangels entsprechender Vereinbarungen bisher noch nicht vorhanden ist! Es gibt aber bereits Vorgaben zu den Inhalten einer solchen Meldung:
- Beschreibung der Anhaltspunkte
- Darstellung der Beobachtungen
- Beschreibung ggf. bereits erfolgter Maßnahmen zur Abwendung der Kindeswohlgefährdung
- Angaben zum ggf. bereits erfolgten Einbezug weiterer Stellen
Der Meldung soll eine Fallbesprechung, allerdings nur auf Initiative des Jugendamtes, folgen. Der zeitliche Aufwand, der damit anfällt, kann nach der neuen GOP 01682 berechnet werden.
Beide Honorare werden für zunächst zwei Jahre extrabudgetär zu einem festen Eurobetrag gezahlt.
EBM | Leistungsbeschreibung | Euro |
---|---|---|
01681 | Meldung von Anhaltspunkten einer möglichen Kindeswohlgefährdung an das Jugendamt im Rahmen von Kooperationsvereinbarungen zum Kinder- und Jugendschutz Obligater Leistungsinhalt
Fakultativer Leistungsinhalt
einmal im Behandlungsfall | 12,17 |
01682 | Fallbesprechung mit dem Jugendamt im Rahmen von Kooperationsvereinbarungen zum Kinder- und Jugendschutz Obligater Leistungsinhalt
je vollendete 10 Minuten | 15,28 |
Die GOP 01682 ist höchstens achtmal im Krankheitsfall berechnungsfähig. Die Fallbesprechung nach der GOP 01682 kann persönlich, telefonisch oder im Rahmen einer Videofallkonferenz durchgeführt werden. Bei Durchführung der Leistung als Videofallkonferenz ist dies wie üblich durch Angabe einer bundeseinheitlich kodierten Zusatzkennzeichnung zu dokumentieren. Zusätzlich kann in diesem Fall die GOP 01450 berechnet werden. Deren Leistungsinhalt wurde entsprechend angepasst. Eine Fallbesprechung kann allerdings nur berechnet werden, wenn diese vom zuständigen Jugendamt initiiert wurde.
Die beiden Leistungen sind von allen Facharztgruppen berechnungsfähig – mit Ausnahme von Facharztgruppen, die berechtigt sind, GOP aus Kapitel 11 (Humangenetik), 12 (Labormedizin), 17 (Nuklearmedizin), 19 (Pathologie) oder 25 (Strahlentherapie) des EBM zu berechnen.
Im Rahmen der Plausibilitätsprüfung nach Zeitvorgaben wird die GOP 01682 einmal mit 10 Minuten berücksichtigt.
Dr. med. Gerd W. Zimmermann ist Facharzt für Allgemeinmedizin und seit vielen Jahren als Referent sowie Autor zum Thema Leistungsabrechnung nach EBM und GOÄ tätig.