So können Leistungen im ärztlichen Bereitschaftsdienst (ÄBD) abgerechnet werden!
Abrechnungstipps von Dr. med. Gerd W. Zimmermann
Leistungen im organisierten vertragsärztlichen Bereitschaftsdienst („Notdienst“) wurden früher in erster Linie in Abhängigkeit vom Zeitpunkt der Leistungserbringung bezahlt. Nach einer Reform 2017 spielt jetzt auch der Grund der Notfallbehandlung eine Rolle. Bei Patienten mit bestimmten schweren Erkrankungen oder bei Verständigungsschwierigkeiten gibt es Zuschläge. Leistungen bei Patienten, bei denen es eigentlich keinen medizinischen Grund für die Inanspruchnahme des Bereitschaftsdienstes gibt, können hingegen nur über eine sog. Abklärungspauschale berechnet werden.
In erster Linie für die Notfallambulanzen in Kliniken sind die Abklärungspauschalen nach den GOP 01205 und 01207 EBM gedacht. Diese Pauschalen können bzw. müssen bei Patienten abgerechnet werden, die keine Notfallbehandlung brauchen und durch einen Vertragsarzt in der normalen Sprechstunde versorgt werden können.
Die Leistungen bei „echten“ Notfällen können nach GOP 01210 EBM bei einer Inanspruchnahme tagsüber zwischen 7 und 19 Uhr (außer an Samstagen, Sonntagen, gesetzlichen Feiertagen sowie am 24.12. und 31.12.) berechnet werden. Zwischen 19 und 7 Uhr des Folgetages, ganztägig an Samstagen, Sonntagen, gesetzlichen Feiertagen sowie am 24.12. und 31.12. kommt die GOP 01212 EBM zum Ansatz. Bei weiteren Kontakten im ÄBD zwischen dem gleichen Patienten und dem gleichen Arzt ist die Berechnung der GOP 01214 (zwischen 7 und 19 Uhr), 01216 (zwischen 19 und 22 Uhr, an Samstagen, Sonntagen und gesetzlichen Feiertagen sowie am 24.12. und 31.12 zwischen 7 und 19 Uhr) oder 01218 (zwischen 22 und 7 Uhr, an Samstagen, Sonntagen und gesetzlichen Feiertagen sowie am 24.12. und 31.12. zwischen 19 und 7 Uhr) möglich. Alle genannten GOP können auch im Rahmen eines Videokontaktes berechnet werden, die GOP 01214, 01216 und 01218 auch telefonisch. Ein Besuch im ÄBD kann zusätzlich und unabhängig von der Uhrzeit und dem Wochentag nach GOP 01418 EBM (84,20 Euro) berechnet werden.
EBM | Leistungsbeschreibung | Punkte Euro |
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Notfallpauschale im organisierten Not(fall)dienst und für nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Ärzte, Institute und Krankenhäuser | ||
01205 | Für die Abklärung der Behandlungsnotwendigkeit bei Inanspruchnahme zwischen 7:00 und 19:00 Uhr (außer an Samstagen, Sonntagen, gesetzlichen Feiertagen sowie am 24.12. und 31.12.) | 45 5,17 |
01207 | Für die Abklärung der Behandlungsnotwendigkeit bei Inanspruchnahme zwischen 19:00 und 7:00 Uhr des Folgetages, ganztägig an Samstagen, Sonntagen, gesetzlichen Feiertagen sowie am 24.12. und 31.12. | 80 9,19 |
01210 | Bei Inanspruchnahme zwischen 7:00 und 19:00 Uhr (außer an Samstagen, Sonntagen, gesetzlichen Feiertagen sowie am 24.12. und 31.12.) | 120 |
01212 | Bei Inanspruchnahme zwischen 19:00 und 7:00 Uhr des Folgetages, ganztägig an Samstagen, Sonntagen, gesetzlichen Feiertagen sowie am 24.12. und 31.12. | 195 22,41 |
Notfallkonsultationspauschale im organisierten Not(fall)dienst und für nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Ärzte, Institute und Krankenhäuser | ||
01214 | Bei weiterem persönlichen oder anderem Arzt-Patienten-Kontakt gemäß 4.3.1 der Allgemeinen Bestimmungen außerhalb der in den Gebührenordnungspositionen 01216 und 01218 angegebenen Zeiten | 50 5,75 |
01216 | Bei Inanspruchnahme zwischen 19:00 und 22:00 Uhr, an Samstagen, Sonntagen und gesetzlichen Feiertagen sowie am 24.12. und 31.12. zwischen 7:00 und 19:00 Uhr | 140 16,09 |
01218 | Bei Inanspruchnahme zwischen 22:00 und 7:00 Uhr, an Samstagen, Sonntagen und gesetzlichen Feiertagen sowie am 24.12. und 31.12. zwischen 19:00 und 7:00 Uhr | 170 |
01418 | Besuch im organisierten Not(fall)dienst | 778 89,40 |
Das sind die Erschwerniszuschläge im ÄBD!
Zusätzlich zu den Notfallpauschalen nach den GOP 01210 und 01212 EBM sind die Leistungen nach den GOP 01223, 01224 und 01226 EBM (siehe Tabelle) berechnungsfähig für Fälle mit erhöhtem Behandlungsaufwand. Ein solcher Schweregradzuschlag ist an fest definierte schwerwiegende Behandlungsdiagnosen geknüpft, zum Beispiel eine Pneumonie oder eine Angina pectoris. In Ausnahmefällen wird er aber auch für andere schwere Erkrankungen gezahlt, wenn der erhöhte Behandlungsaufwand begründet wird. Die Liste mit den Behandlungsdiagnosen, für die es den Zuschlag regulär gibt, wurde auf Basis der bundesweiten Abrechnungsdaten ambulanter Notfälle erstellt. Der zweite Schweregradzuschlag berücksichtigt den erhöhten Aufwand, der aufgrund einer schwierigen Kommunikation infolge bestimmter Grunderkrankungen wie zum Beispiel bei einer Demenz oder bei Säuglingen und Kleinkindern besteht. Mangelnde Deutschkenntnisse des Patienten werden hier zwar nicht aufgeführt, da die Aufzählung beispielhaft ist, dürfte dieses Kriterium aber auch greifen. Dieser Zuschlag wird aber nur nachts sowie ganztägig an Wochenenden und Feiertagen gezahlt, da die medizinische Versorgung hier nicht durch den behandelnden Arzt in der Praxis erfolgen kann.
EBM | Leistungsbeschreibung | Punkte Euro |
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01223 | Zuschlag zur Nr. 01210 für Patienten mit bestimmten Diagnosen an Werktagen zwischen 7:00 und 19:00 Uhr; einmal im Behandlungsfall | 128 14,71 |
01224 | Zuschlag zur Nr. 01212 für Patienten mit bestimmten Diagnosen in der Nacht zwischen 19:00 und 7:00 Uhr sowie ganztägig an Wochenenden, Feiertagen sowie am 24.12. und 31.12.; einmal im Behandlungsfall | 195 22,41 |
Die Nrn. 01223 und 01224 EBM sind ausschließlich bei Patienten berechnungsfähig, die aufgrund der Art, Schwere und Komplexität der Erkrankung einer besonders aufwändigen Versorgung bedürfen. Dazu muss eine der folgenden Behandlungsdiagnosen gesichert vorliegen:
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01226 | Zuschlag zur Nr. 01212 für Patienten mit eingeschränkter Kommunikationsfähigkeit, mit geriatrischem Versorgungsbedarf und bei Neugeborenen, Säuglingen und Kleinkindern in der Nacht zwischen 19:00 und 7:00 Uhr und ganztägig an Wochenenden, Feiertagen und am 24.12. und 31.12.; einmal im Behandlungsfall | 90 |
Was kann sonst noch im ÄBD berechnet werden?
Zusätzlich zu den genannten Leistungspauschalen sind die im Abschnitt II 1.2 (Gebührenordnungspositionen für die Versorgung im Notfall und im organisierten ärztlichen Not(fall)dienst) enthaltenen Einzelleistungen berechnungsfähig wie insbesondere die GOP 01220 (Reanimationskomplex) und die Zuschläge zur GOP 01220 nach den GOP 01221 (Koniotomie und/oder endotracheale Intubation(en) und 01222 (Elektrodefibrillation(en) und/oder Elektrostimulation(en) des Herzens). Nach der Präambel des Abschnittes II 1.2 sind darüber hinaus alle anderen Leistungen des EBM berechnungsfähig, die in unmittelbarem diagnostischen oder therapeutischen Zusammenhang mit der Notfallversorgung stehen. Dies könnte z. B. die Infusionsleistung nach GOP 02100 EBM oder auch die Leistung nach GOP 02350 EBM (Fixierender Verband) sein. Diese Leistungen sind bei Hausärzten Bestandteil der Versichertenpauschale, im ÄBD aber auch hier gesondert berechnungsfähig.
Fallbeispiel:
Leistungsabrechnung im ÄBD bei einem dementen Patienten mit hypertensiver Krise am Sonntag um 18 Uhr:
EBM | Kurzlegende | Punkte Euro |
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01418 | Hausbesuch | 778 89,40 |
01212 | Notfallpauschale am Sonntag | 195 22,41 |
01224 | Zuschlag hypertensive Krise | 195 22,41 |
02100 | Infusion | 67 7,70 |
SUMME zzgl. KM-Pauschale | 141,92 |
Bitte beachten:
- Die GOP 01226 käme bei der geschilderten Fallkonstellation zwar auch in Betracht, sie ist aber im Behandlungsfall neben der GOP 01224 ausgeschlossen. Nach der Bestwertregelung wäre deshalb hier dem Ansatz der GOP 01224 der Vorzug zu geben.
- Bei den GOP 01205, 01207, 01210, 01212, 01214, 01216 und 01218 ist die Angabe der Uhrzeit der Inanspruchnahme obligater Bestandteil der Leistungsabrechnung.
Hinweis: Nächste Woche (31.08.2023) wird das Thema „Die Notfallabrechnung außerhalb des ärztlichen Bereitschaftsdienstes (ÄBD)“ vorgestellt.
Dr. med. Gerd W. Zimmermann ist Facharzt für Allgemeinmedizin und seit vielen Jahren als Referent sowie Autor zum Thema Leistungsabrechnung nach EBM und GOÄ tätig.