So ändert sich die UV-GOÄ zum 1. Juli 2024
Abrechnungstipps von Dr. med. Gerd W. Zimmermann
In ihrer Sitzung am 27. März 2024 hat die „Ständige Gebührenkommission nach § 52 Vertrag Ärzte/Unfallversicherungsträger“ Anpassungen in der Gebührenordnung für Ärzte in der gesetzlichen Unfallversicherung (UV-GOÄ) beschlossen.
Insgesamt werden die Gebühren der UV-GOÄ um die Grundlohnsummenveränderungsrate von 4,22 % erhöht. Dies ist Teil einer linearen Gebührenerhöhung der gesamten UV-GOÄ, die bereits 2023 für einen Zeitraum von fünf Jahren vereinbart wurde.
Betroffen ist nun auch die jährliche Erhöhung der Gebühren des Gebührenverzeichnisses für die Psychotherapeutenverfahren, die 2023 zunächst nur einmalig angepasst wurden und nun in den nächsten vier Jahren jährlich jeweils zum 1. Juli ebenfalls um die Grundlohnsummenveränderungsrate erhöht werden.
Die Detailänderungen sehen wie folgt aus:
Telemedizinische Beratung
Bei den telemedizinischen Beratungsleistungen bei Berufskrankheiten und im Hautarztverfahren werden die neuen Nummern 10b und 10c aufgenommen und die Leistungslegenden entsprechend geändert. Hintergrund ist die Erkenntnis, dass es bei Berufskrankheiten, wie z. B. bei arbeitsbedingten Hautkrankheiten, von Vorteil sein kann, schnelle und häufige Arztkontakte zu ermöglichen, um die eingeleiteten Maßnahmen der Individualprävention bei weiterhin hautbelastender Tätigkeit engmaschig zu begleiten. Videosprechstunden in ggf. kurzen Abständen sind deshalb aus Sicht der Vertragsparteien ein geeignetes Mittel, um die dermatologische Betreuung bei den weiterhin erwerbstätigen Versicherten sicherzustellen.
Das sind die neuen Vorgaben im Überblick:
UV-GOÄ | Legende | Besondere | Allgemeine |
10b | Telemedizinische Beratungsleistungen nach Nummer 10 bei Berufskrankheiten und im Hautarztverfahren Die Leistung ist nicht neben den Nummern 10–10a und 10c berechnungsfähig. | 8,40 | 8,40 |
10c | Telemedizinische Beratungsleistungen nach Nummer 10 bei Berufskrankheiten und im Hautarztverfahren von mehr als 10 Minuten Die Leistung ist nicht neben den Nummern 10–10b berechnungsfähig. | 16,80 | 16,80 |
Anmerkungen
Bei der Behandlung von Berufskrankheiten sowie damit ggf. verbundenen Maßnahmen der Individualprävention und im Hautarztverfahren gelten die Beschränkung auf den Behandlungsfall, eine vorherige Kostenzusage, die Verlaufsberichterstattung sowie die Dokumentationspflicht nicht.
Fraktursonographie
Die Leistungen zur Fraktursonographie wurden 2022 im Vorgriff auf die damals zu erwartende Leitlinie Fraktursonographie, die nun vorliegt, aufgenommen. Sie ist als finanzieller Anreiz auch für die Primärdiagnostik bei Frakturen in der UV-GOÄ gedacht. Die Leistungsbeschreibung der betreffenden Nummern 411 und 411a wurde daher an den aktuellen Stand der medizinischen Erkenntnisse angepasst.
Im Teil C. VI. der UV-GOÄ „Sonographische Leistungen“ wurde in den Allgemeinen Bestimmungen die Nummer 7 wie folgt gefasst: „Die sonographische Diagnostik von Frakturen hat bei Kindern und Jugendlichen (bis zum 18. Geburtstag) das Ziel, die Strahlenbelastung durch Röntgenkontrolluntersuchungen zu vermeiden. Für bis zu drei sonographische Untersuchungen kann der Arzt zu der Nummer 410 UV-GOÄ einen Zuschlag nach Nummer 411 oder 411a abrechnen. Führt der Arzt eine sonographische Diagnostik durch, kann er im Behandlungsfall nur maximal 2 Röntgenkontrolluntersuchungen abrechnen. Die Stellungskontrolle nach der Reposition zählt nicht dazu.“
Bei der Nummer 410 UV-GOÄ wurde deshalb das Wort „Kontrolluntersuchungen“ durch das Wort „Untersuchungen“ und bei den Nummern 411 und 411a UV-GOÄ jeweils das Wort „Kontrolle“ durch das Wort „Diagnostik“ ersetzt.
UV-GOÄ | Legende | Besondere Heilbehandlung | Allgemeine Heilbehandlung |
411 | Sonographie bei der Diagnostik von Frakturen bei Kindern und Jugendlichen (bis zum 18. Geburtstag) als Zuschlag zur Nr. 410 – Knochen/Gelenke im Sinne der Nr. 411: Oberarm, Unterarm, Oberschenkel, Unterschenkel und angrenzende Gelenke | 36,75 | 36,75 |
411a | Sonographie bei der Diagnostik von Frakturen bei Kindern und Jugendlichen (bis zum 18. Geburtstag) als Zuschlag zur Nr. 410 – andere Knochen/Gelenke, die nicht in der Nr. 411 genannt sind | 10,50 | 10,50 |
Schmerzbehandlung
Damit es künftig möglich ist, Unfallverletzte auch schmerzmedizinisch zu behandeln, wurden in einem neuen Kapitel P Gebührennummern mit den entsprechenden Leistungslegenden und den Gebühren vereinbart (Kapitel P, GOP 6000 ff.). Ärztinnen und Ärzte, die die Anforderungen nach der „Qualitätssicherungsvereinbarung Schmerztherapie nach § 135 Abs. 2 SGB V“ erfüllen, können sich deshalb über die E-Mail-Adresse schmerzmedizin@dguv.de in eine Liste bei der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) eintragen lassen, wenn sie eine solche Therapie durchführen und abrechnen wollen. Dies soll auch Durchgangsärztinnen und -ärzten die Möglichkeit eröffnen, andere Arztgruppen nach § 12 des Vertrages Ärzte/Unfallversicherungsträger in die entsprechende Behandlung einzubeziehen.
P. Schmerzmedizinische Behandlungsentgelte
Allgemeine Bestimmungen
Vor der Behandlungsaufnahme bedarf es der Genehmigung durch den zuständigen UV-Träger. Diese gilt für ein Jahr ab dem ersten Behandlungstag. Mit dieser Anfrage wird eine Bestätigung an den UV-Träger gesendet, dass eine Genehmigung zur Durchführung und Abrechnung nach der „Qualitätssicherungsvereinbarung Schmerztherapie“ durch die zuständige Kassenärztliche Vereinigung vorliegt.
Fachärztinnen und -ärzte, die nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen, können alternativ bestätigen, dass sie die Anforderungen für eine Genehmigungserteilung erfüllen.
UV-GOÄ | Legende | Besondere | Allgemeine |
6000 | Erstanamnese zur schmerzmedizinischen Behandlung, Mindestdauer 60 Minuten Obligater Leistungsinhalt Durchführung einer Schmerzanalyse mit Anwendung und Auswertung standardisierter Fragebögen, Erfassung von Kontextfaktoren, Berücksichtigung der Ergebnisse aus vorangegangenen Schmerzassessments (AIS oder SIS gemäß Handlungsempfehlung Schmerztherapeutische Versorgung der DGUV) soweit vorliegend, eingehende Beratung einschließlich Festlegung der Therapieziele, Aufstellung eines inhaltlich und zeitlich gestuften Behandlungsplans unter Berücksichtigung des Chronifizierungsstadiums, der der Patientin/dem Patienten mitzugeben ist; Vermittlung von biopsychosozialen Zusammenhängen und von Schmerzbewältigungsstrategien, Gewährleistung der Einleitung und Koordination der flankierenden therapeutischen Maßnahme Anmerkungen Die Leistung ist innerhalb eines Jahres 2-mal abrechenbar. | 146,78 | 146,78 |
6001 | Schmerzmedizinische Folgebehandlung, je angefangene 10 Minuten bis maximal 4-mal pro Sitzun Obligater Leistungsinhalt Kontrolle und Fortschreibung des Behandlungsplans und Erörterung mit Patientin/Patienten, unter ihrer/seiner Einbeziehung. Der angepasste Behandlungsplan ist der Patientin/dem Patienten mitzugeben. Die Voraussetzung für die Abrechnung dieser Leistung ist die erfolgte Erstanamnese nach Nummer 6000. Anmerkungen Innerhalb des Behandlungsfalls (3Monate) kann die Nummer 6001 bis zu 5-mal abgerechnet werden. | 20,11 | 20,11 |
6002 | Besprechung/Koordination weiterer therapeutischer Maßnahmen (mit Therapeutinnen und Therapeuten aus den Bereichen Psychotherapie, Ergotherapie oder anderen Heilmittelerbringern) Obligater Leistungsinhalt Dokumentierter Austausch mit Therapeutinnen und Therapeuten (Psychologie, Physio- oder Ergotherapie) zur Therapie-Umsetzung oder -Anpassung und Erfolgskontrolle. Der Austausch kann telefonisch oder persönlich im Einzelkontakt oder im Rahmen einer Fallkonferenz erfolgen. Die Dokumentation der Ergebnisse erfolgt mit Bericht Nummer 6003 bzw. 6004 UV-GOÄ. Anmerkungen Abrechnungsvoraussetzung ist die Dokumentation im Bericht nach Nummer 6003 UV-GOÄ mit Angabe der Therapeutenkontakte (Datum/Name) und der Ergebnisse. | 36,72 | 36,72 |
6003 | Erstbericht Schmerzmedizinische Behandlung / Erstanamnes Obligater Leistungsinhalt Ärztlicher Bericht zum Ergebnis der Schmerzanalyse mit Auswertung standardisierter Fragebögen und Angabe der erfassten Kontextfaktoren. Umfasst Ergebnis der Beratung des Patienten/der Patientin, Angabe der Behandlungsziele, Übermittlung des inhaltlich und zeitlich gestuften Behandlungsplans. Anmerkung Die Leistung kann nur zusammen mit der Nummer 6000 abgerechnet werden. | 34,25 | 34,25 |
6004 | Folgebericht Schmerzmedizinische Behandlung Obligater Leistungsinhalt Berichterstattung in jedem Quartal, in dem Behandlungen erfolgt sind. Umfasst Begründung zu Änderungen in Therapiezielen und Angabe von erfolgten Therapeutenkontakten (in Bezug auf Nummer 6002). Der Bericht muss Auskunft über drei Bereiche geben:
Anmerkung Die Leistung ist einmal im Behandlungsfall abrechenbar in Verbindung mit Nummer 6001 UV-GOÄ oder auf Anforderung des UV-Trägers. | 34,25 | 34,25 |
Als Protokollnotiz wurde aufgenommen, dass die Einführung der neuen Entgelte für die schmerzmedizinische Behandlung an eine Evaluation der Versorgungssituation geknüpft wird. 14 Monate nach Veröffentlichung der neuen Schmerzentgelte soll geprüft werden, in welchem Umfang die Schmerzmedizinerinnen und -mediziner mit der Qualifikation nach § 135 Abs. 2 SGB V (Qualitätssicherungsvereinbarung Schmerztherapie) in die Versorgung von UV-Patientinnen und -Patienten eingebunden wurden und ob darüber hinaus Versorgungslücken bestehen. Ist dies der Fall, werden in der Gebührenkommission nach § 52 Vertrag Ärzte/Unfallversicherungsträger weitere Regelungen für die Ergänzung der Gebühren oder Leistungslegenden abgestimmt.
Soldatenentschädigungsgesetz
Da am 1. Januar 2025 das Soldatenentschädigungsgesetz (SEG) in Kraft tritt, erhalten unter anderem Soldatinnen und Soldaten, die im Zusammenhang mit dem Wehrdienst eine gesundheitliche Schädigung erlitten haben, Anspruch auf finanzielle Entschädigungsleistungen bzw. auf Leistungen der medizinischen Versorgung und beruflichen Rehabilitation. Die Erbringung der medizinischen Versorgung und weiterer Leistungen im Rahmen des SEG ab dem 1. Januar 2025 wird auf die Unfallversicherung Bund und Bahn (UVB) übertragen (§ 4c des Gesetzes zur Errichtung der Unfallversicherung Bund und Bahn (UVBBErG). Für die Versorgung nach den Regelungen des SGB VII muss auch eine Vertragsbeteiligung der Bundeswehr am Vertrag Ärzte/Unfallversicherungsträger erfolgen. Die KBV und die DGUV haben hierfür eine entsprechende Regelung in § 7 im Vertrag Ärzte/Unfallversicherungsträger aufgenommen.
Dr. med. Gerd W. Zimmermann ist Facharzt für Allgemeinmedizin und seit vielen Jahren als Referent sowie Autor zum Thema Leistungsabrechnung nach EBM und GOÄ tätig.