Pandemieregelungen: So geht es 2022 weiter!
Abrechnungstipps von Dr. med. Gerd W. Zimmermann
Die Entscheidungen sind – nicht unerwartet – rechtzeitig gefallen: Bisher gültige Corona-Sonderregelungen, die der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) zunächst bis 31. Dezember 2021 befristet hatte, gelten mindestens bis zum 31. März 2022 weiter. Auch der Bewertungsausschuss (BA) hat bereits reagiert und die dahinterstehenden Abrechnungspositionen verlängert!
AU weiter telefonisch möglich:
Mit den Verlängerungen durch G-BA und BA wird sichergestellt, dass weiterhin bei leichten Erkrankungen der oberen Atemwege AU-Bescheinigungen nach telefonischer Anamnese ausgestellt werden können und die Portokosten für den Versand an Patienten erstattet werden. Versicherten kann damit weiterhin im Falle von Erkrankungen der oberen Atemwege, die eine leichte Symptomatik zeigen, nach telefonischer Anamnese eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU) für bis zu sieben Kalendertage ausgestellt werden, wobei eine Verlängerung für einen weiteren Zeitraum von bis zu sieben Kalendertagen auf diesem Weg einmalig möglich ist. Auch die „Ärztliche Bescheinigung für den Bezug von Krankengeld bei der Erkrankung eines Kindes“ (Formular 21) ist weiterhin telefonisch möglich.
Die Verlängerung der Regelungen zur Abrechnung der telefonischen AU-Bescheinigung nach Nr. 01434 EBM wurde im BA eingeleitet und soll im schriftlichen Beschlussverfahren erledigt werden.
Sonderregelungen für veranlasste Leistungen gelten auch bis zum 31. März 2022:
Dies gilt für die Verordnungen für häusliche Krankenpflege nach telefonischer Anamnese, ggf. mit postalischer Übermittlung an den Versicherten, wenn zuvor aufgrund derselben Erkrankung eine unmittelbare persönliche Untersuchung durch den verordnenden Vertragsarzt erfolgt ist. Für den Versand der Verordnung kann das Porto abgerechnet werden.
- Das Entlassmanagement von Krankenhäusern ist nicht mehr an den Bundestagsbeschluss zur epidemischen Lage geknüpft, sondern wurde durch die SARS-CoV-2-Arzneimittelversorgungsverordnung aufgefangen und gilt weiter bis 31. Mai 2022. Krankenhäuser können somit für einen längeren Zeitraum (in der Regel 14 Tage) zum Übergang in die ambulante Versorgung Leistungen veranlassen oder Bescheinigungen ausstellen. Dies betrifft AU-Bescheinigungen, häusliche Krankenpflege, Hilfsmittel, Soziotherapie, spezialisierte ambulante Palliativversorgung (SAPV) sowie Heilmittel. Bei Heilmitteln wurde die 12-Kalendertage-Frist, bis zu der die vom Krankenhaus verordnete Heilmittelbehandlung abgeschlossen sein muss, auf eine 21-Kalendertage-Frist erweitert. Bei der Verordnung von Arzneimitteln im Entlassmanagement bleibt die Begrenzung auf eine Packung mit dem kleinsten Packungsgrößenkennzeichen ausgesetzt. Für sonstige Produkte wie Blutzuckerteststreifen oder Verbandmittel dürfen Rezepte für den Bedarf von bis zu 14 Tagen ausgestellt werden. Die Einlösefrist für Entlassrezepte wurde auf 6 Werktage verlängert.
- Krankentransporte zu einer nicht aufschiebbaren zwingend notwendigen ambulanten Behandlung von nachweislich an COVID-19 Erkrankten müssen von der Krankenkasse nicht vorab genehmigt werden. Auch bei Krankentransportfahrten von Versicherten, die aufgrund einer behördlichen Anordnung unter Quarantäne stehen, besteht kein Genehmigungsvorbehalt der Krankenkasse. Diese Sonderregelung war bisher an den Bundestagsbeschluss zur epidemischen Lage geknüpft, der am 25. November endete. Der G-BA hat diese Regelung nun mit Wirkung ab 26. November 2021 bis zum 31. März 2022 verlängert.
- Kinder-Früherkennungsuntersuchungen sind nicht weiter an das Ende der Feststellung einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite bei den Kinder-Früherkennungsuntersuchungen U6, U7, U7a, U8 und U9 gebunden. Es gilt eine Übergangsfrist bis 25. Februar 2022, in der die vorgegebenen Untersuchungszeiträume weiterhin überschritten werden dürfen. Somit können die Kinder-Untersuchungen U6 bis U9 bei Überschreitung der Untersuchungszeiträume und Toleranzzeiten weiterhin durchgeführt und gemäß den entsprechenden Gebührenordnungspositionen des EBM abgerechnet werden. Derzeit wird im G-BA eine weitere Verlängerung dieser Regelung vorbereitet.
- Telefonischen Beratungen zur ärztlichen und psychotherapeutischen Konsultation per Telefon während der Corona-Pandemie wurden auf alle Fachgruppen ausgeweitet, sodass die telefonische Betreuung der Patienten umfassender berechnungsfähig ist. Die Telefonkonsultation ist vor allem für Patienten gedacht, die nicht in die Praxis kommen, aber weiterhin nur bei bekannten Patienten möglich.
- Videosprechstunden können von Ärzten und Psychotherapeuten hingegen weiterhin völlig unbegrenzt angeboten werden. Fallzahlen und Leistungsmengen sind nicht limitiert. Die Videosprechstunde ist bei allen Indikationen möglich und auch dann, wenn der Patient zuvor noch nicht in der Praxis in Behandlung war. Psychotherapeuten dürfen während der Corona-Pandemie auch psychotherapeutische Sprechstunden und probatorische Sitzungen (auch neuropsychologische Therapie) per Video durchführen. Eine Psychotherapie kann somit auch ohne persönlichen Kontakt zwischen Patient und Therapeut beginnen. Dies soll allerdings Einzelfällen vorbehalten bleiben.
Zur Erleichterung der sozialpsychiatrischen Versorgung von Kindern und Jugendlichen während der Corona-Pandemie haben KBV und GKV-Spitzenverband zeitlich befristet auch eine neue Leistung nach Nr. 14223 in den EBM aufgenommen. Sie beinhaltet videogestützte Maßnahmen einer funktionellen Entwicklungstherapie durch qualifizierte Mitarbeiter gemäß der Sozialpsychiatrie-Vereinbarung (SPV-Mitarbeiter). - Das Porto für den postalischen Versand von bestimmten Folgeverordnungen und Überweisungsscheinen wird weiterhin erstattet. Patienten müssen somit nicht in die Praxis kommen, um sich nur ein Rezept oder eine Verordnung abzuholen. Möglich ist das allerdings nur, wenn der Patient auch in der Praxis in Behandlung ist. In diesem Fall muss auch nicht die elektronische Gesundheitskarte eingelesen werden, sondern die Versichertendaten können aus der Patientenakte übernommen werden.
- Erneut verlängert wurden auch die Sonderregelungen zur Vergütung von Corona-Abstrichen bei Personen mit SARS-CoV-2-Symptomen nach Nr. 02402 EBM und Nr. 02403 EBM und zum therapeutischen Gespräch zur Substitutionsbehandlung, das achtmal im Behandlungsfall möglich ist und auch per Videosprechstunde durchgeführt werden kann.
Offen sind noch einige Corona-Sonderregelungen, die ursprünglich im Erweiterten Bewertungsausschuss (EBA) gegen die Stimmen des GKV-Spitzenverbandes entschieden wurden. Der Bewertungsausschuss wird sich aber voraussichtlich am 15. Dezember 2021 mit einer Verlängerung dieser Regelung über den 31. Dezember hinaus befassen. Dabei geht es um die Zuschläge zu den Chronikerpauschalen nach den Nrn. 03220/03221 EBM und darum, dass telefonische Konsultationen nach Nr. 01434 EBM auch dann vergütet werden, wenn ein Patient in demselben Quartal in die Praxis kommt oder den Arzt per Videosprechstunde konsultiert.
Die Sonderregelungen für die psychotherapeutische Versorgung während der Coronavirus-Krise, die in einer Ergänzungsvereinbarung zur Psychotherapie-Vereinbarung geregelt sind, sollen ebenfalls um ein weiteres Quartal verlängert werden. Sie betreffen die Videosprechstunde und die unbürokratische Umwandlung von Gruppentherapien in Einzeltherapien.
Dr. med. Gerd W. Zimmermann ist Facharzt für Allgemeinmedizin mit eigener Praxis in Hofheim/Taunus und seit vielen Jahren als Referent sowie Autor zum Thema Leistungsabrechnung nach EBM und GOÄ tätig.