Nach dem Ampel-Aus: Was kommt 2025 noch an Neuerungen für die Praxis?

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Abrechnungstipps von Dr. med. Gerd W. Zimmermann

Die aktuelle poli­tische Ent­wick­lung in Deutsch­land hat auch Aus­wir­kun­gen auf das Schick­sal der geplanten Neuerungen in der ambu­lanten vertrags­ärzt­lichen Versor­gung. Was aus der Ent­budge­tierung des haus­ärzt­lichen Honorars und der GOÄ(Gebühren­ordnung für Ärzte)-Novellierung wird, ist im Moment offen. Einige Neuerungen gibt es aber trotzdem noch.

Es kommt ein neues AU-Folgeformular

Nachdem Ende letzten Jahres der Gemeinsame Bundes­ausschuss (G-BA) die Arbeits­unfähig­keits-Richtlinie geändert hat, wird es nun ab dem 1. April 2025 eine neue Version für den „Bericht für die Kranken­kasse bei Fort­bestehen der Arbeits­unfähigkeit“ geben (Formular 52).

Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und der GKV-Spitzen­verband haben das Formular 52 über­arbeitet und eine neue Version vereinbart. Um Zweifel an der Arbeits­unfähig­keit zu beseitigen oder den Behandlungs­erfolg zu sichern, sind Kranken­kassen bei Arbeits­unfähig­keit ihrer Ver­sicherten ver­pflichtet, eine gut­acht­liche Stellung­nahme des Medizi­nischen Dienstes einzuholen. Für eine effi­ziente Vor­auswahl der dem Medizi­nischen Dienst vorzu­legenden Fälle durch die Kranken­kasse werden Informa­tionen der behan­deln­den Ärztin oder des behan­deln­den Arztes benötigt. Mit der nun vollzogenen Änderung des Formulars fokussieren sich diese Informa­tionen auf Daten wie

  • Diagnosen, die als auslösende Ursache der Arbeits­unfähig­keit anzusehen sind,
  • Art und Umfang der Berufs­tätig­keit bzw. des ver­füg­baren zeit­lichen Umfangs für eine mög­liche Arbeits­vermittlung sowie
  • diagnostische, thera­peu­tische und reha­bilita­tive Maß­nahmen bezogen auf die Erkran­kung, die eine Arbeits­unfähig­keit ausgelöst hat.

Die Menge der bei Vertrags­ärztinnen und Vertrags­ärzten erfragten Daten soll so redu­ziert werden. Es ent­fallen künftig beispiels­weise die Fragen nach dem Zeit­punkt des Wieder­ein­tritts der Arbeits­fähig­keit und dazu, ob es andere Probleme bei der Über­win­dung der Arbeits­unfähig­keit gibt. Darüber hinaus wurden die Angaben zu vorge­sehenen Maß­nahmen in Bezug auf die Arbeits­unfähig­keit einfacher angeordnet.

Wichtig

Bei der Einführung der neuen Version des Formulars 52 gilt eine Stichtagsregelung: Bisher verwendete Formulare dürfen ab dem 1. April 2025 nicht aufgebraucht werden, es müssen vielmehr rechtzeitig neue Formulare bestellt werden.

Das angepasste Formular 52 kann durch die Software­anbieter in den Praxis­verwal­tungs­systemen (PVS) hinter­legt werden, sofern deren System die Bedruckung des Formulars 52 unter­stützt. Mit dem nächsten ITA-Update werden die PVS-Anbieter deshalb darüber infor­miert, dass ihre Verordnungs­soft­ware für die Blanko­formular­bedruckung rechtzeitig bis zum Inkraft­treten des geänderten Formu­lars am 1. April 2025 angepasst werden muss.

Fraktursonografie bei Kindern gibt es bald auch in der GKV

In der UV-GOÄ ist das schon möglich. Jetzt hat auch der G-BA nachgezogen: Bei Verdacht auf die Fraktur eines langen Röhren­knochens der oberen Extremi­täten dürfen Vertrags­ärztinnen und Vertrags­ärzte künftig die Fraktur­sono­grafie zur Diagnose­stellung bei Kindern bis zum vollendeten 12. Lebens­jahr zulasten der gesetz­lichen Kranken­kassen (GKV) durch­führen und abrechnen.

Mit dem Beschluss des G-BA wurde zunächst aber nur die Richtlinie „Methoden vertrags­ärztliche Versorgung“ (MVV-RL) angepasst.

Die Aufnahme erfolgte, da die Fraktur­sono­grafie als bild­gebendes Ver­fahren zur Diagnose­stellung von Frakturen der langen Röhren­knochen der oberen Extremi­täten eine strahlen­freie Alter­native zur Röntgen­diagnostik bietet und daher dazu beitragen kann, den Einsatz ionisie­render Strah­lung in der Fraktur­diagnostik zu redu­zieren. Dem Beschluss zur Auf­nahme der Fraktur­sono­grafie bei Kindern bis zum vollendeten 12. Lebens­jahr in den Leistungs­katalog der GKV ist eine Methoden­bewertung nach § 135 Abs. 1 SGB V voraus­gegangen. In der Analyse von 28 Studien zur Test­güte lag die Sensiti­vität für alle unter­suchten Fraktur­lokali­sa­tionen (Unterarm, Oberarm, Ellen­bogen) insgesamt bei über 90 % und war somit ausreichend hoch, um für die Fraktur­sonografie als sicheres Diagnose­instrument unter Einsparung von Röntgen­unter­suchungen einen Nutzen ableiten zu können.

Der G-BA hat mit der Aufnahme zunächst die künftigen Anfor­derun­gen an die Qualitäts­sicherung (QS) bei der vertrags­ärzt­lichen Durch­führung der Fraktur­sono­grafie festgelegt. Betroffen sind vor allem die Dokumen­tation sowie die Quali­fika­tion der Vertrags­ärztinnen und Vertrags­ärzte, die eine Fraktur­sonografie durch­führen wollen. Die Methode darf nur von Fach­ärztinnen und Fach­ärzten für Radio­logie, Kinder- und Jugend­medizin, Allgemein­medizin sowie des Gebietes Chirurgie durch­geführt werden. Die Betreffenden müssen Kennt­nisse und Erfah­rungen in der Durch­führung und Befun­dung der Sono­grafie von Fraktu­ren der langen Röhren­knochen der oberen Extremi­täten nachweisen, wobei diese fach­liche Qualifi­kation auch durch die Teil­nahme an einer struktu­rierten Fort­bildung über mindestens sechs Stunden erfolgen kann. Wer die Leistungen abrechnen will, muss eine Geneh­migung der zustän­digen Kassen­ärzt­lichen Vereini­gung (KV) gemäß der Qualitäts­sicherungs­verein­barung Ultra­schall­diagnostik nach § 135 Abs. 2 SGB V einholen.

Das Bundes­ministerium für Gesund­heit (BMG) prüft den Beschluss inner­halb von zwei Monaten. Bei einer Nicht­beanstandung tritt er einen Tag nach Veröffent­lichung im Bundes­anzeiger in Kraft. Danach hat der Bewer­tungs­ausschuss (BA) sechs Monate Zeit, den einheit­lichen Bewertungs­maßstab (EBM) anzupassen. Bis dahin muss auch die bestehende QS-Verein­barung Ultra­schall­diagnostik angepasst werden.

Übrigens:

In der UV-GOÄ gibt es bereits seit dem 1. Juli 2024 Abrechnungs­positionen für die Fraktur­sono­grafie, allerdings mit abweichenden Leistungs­inhalten:

UV-GOÄ

Legende

Besondere Heil­behand­lung €

Allgemeine Heil­behand­lung €

410

Ultraschall­untersuchung eines Organs

22,18

17,81

411

Sonographie bei der Diagnostik von Frakturen bei Kindern und Jugend­lichen (bis zum 18. Geburtstag) als Zuschlag zur Nr. 410 – Knochen/Gelenke im Sinne der Nr. 411 sind: Oberarm, Unterarm, Ober­schenkel, Unter­schenkel und angrenzende Gelenke.

36,75

36,75

411a

Sonographie bei der Diagnostik von Frakturen bei Kindern und Jugend­lichen (bis zum 18. Geburtstag) als Zuschlag zur Nr. 410 – Andere Knochen/Gelenke, die nicht in der Nr. 411 genannt sind.

10,50

10,50

Dr. med. Gerd W. Zimmermann ist Facharzt für Allgemeinmedizin und seit vielen Jahren als Referent sowie Autor zum Thema Leistungsabrechnung nach EBM und GOÄ tätig.