Masernimpfpflicht: An diese Details sollte man sich in der Praxis erinnern!

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Abrechnungstipps von Dr. med. Gerd W. Zimmermann

Ab dem 1. August gilt in Deutschland die 2. Stufe des Masernschutzgesetzes und damit eine uneingeschränkte Impfpflicht bei Masern. Arztpraxen sind davon doppelt betroffen: Einerseits müssen Kinder und Beschäftigte in Schulen und Kitas, aber auch in Flüchtlingsunterkünftenund Krankenhäusern gegen Masern geschützt sein und benötigen einen Impfnachweis oder – bei Genesung – ein ärztliches Attest. Andererseits gilt die Auflage auch für das gesamte medizinische und nichtmedizinische Personal der Praxis. Nicht geimpftes Praxispersonal muss vom Praxisinhaber an das zuständige Gesundheitsamt gemeldet werden. Dort wird ggf. über ein Tätigkeitsverbot entschieden.

Zur Erinnerung!

Das neue Masernschutzgesetz führt erstmals seit langer Zeit wieder eine staatlich verfügte Impfpflicht ein, wie dies in der Vergangenheit in Deutschland bisher nur bei der Pockenschutzimpfung der Fall war. Im Rahmen der Nachweispflicht können auf die Praxen Bescheinigungsanforderungen zukommen, die gesondert in Rechnung gestellt werden müssen.

Nach dem Gesetzestext mussten bereits ab dem 1. März 2020 alle Kinder ab dem vollendeten ersten Lebensjahr beim Eintritt in die Schule bzw. den Kindergarten die von der Ständigen Impfkommission empfohlenen Masernimpfungen vorweisen. Auch bei der Betreuung durch eine Tagesmutter muss in der Regel ein Nachweis über die Masernimpfung erfolgen. Gleiches gilt für Personen, die in Gemeinschaftseinrichtungen oder medizinischen Einrichtungen tätig sind, wie Erzieher, Lehrer, Tagespfleger sowie medizinisches Personal und damit auch Ärzte und ihre Praxisangestellten. Medizinisches Praxispersonal, das ab dem 1. März 2020 eingestellt wurde, musste sogar in jedem Fall einen ausreichenden Impfschutz gemäß den STIKO-Empfehlungen bzw. eine Immunität gegen Masern nachweisen. Lediglich für Mitarbeiter, die schon länger beschäftigt sind, endet diese Frist nun am 31. Juli 2022.

Weiterhin gilt dabei die Einschränkung, dass Personen, die vor 1970 geboren sind, einen solchen Nachweis nicht führen müssen. Asylbewerber und Flüchtlinge müssen den Impfschutz vier Wochen nach Aufnahme in eine Gemeinschaftsunterkunft nachweisen. Personen, die aufgrund einer medizinischen Kontraindikation nicht an Schutzimpfungen oder an anderen Maßnahmen der spezifischen Prophylaxe teilnehmen können, sind von der (Pflicht-)Teilnahme an Schutzimpfungen oder an anderen Maßnahmen der spezifischen Prophylaxe ausgenommen.

Wie kann der Nachweis geführt werden und was ist dabei zu beachten?

Die Umsetzung des Gesetzes bei Kindern und Jugendlichen dürfte bisher keine besondere logistische Herausforderung gewesen sein (und bleiben), da die Durchimpfung der betreffenden Personen z. B. im Rahmen der im Abschnitt II 1.7.1 des EBM vorgesehenen Früherkennungsmaßnahmen gesichert ist. Eltern, die sich dieser Maßnahme bisher entzogen haben, dürften zuletzt nach der strikten gesetzlichen Vorgabe kaum die Möglichkeit erhalten haben, ihre Kinder ohne Impfnachweis in einer Kita unterzubringen oder in einer Schule anzumelden. Dies insbesondere auch deshalb, weil eine solche Verweigerung nun als Ordnungswidrigkeit eingestuft und mit einer Geldbuße in Höhe von bis zu 2.500 Euro belegt werden kann. Die Geldbuße kann sogar gegen die Leitung von Kindertagesstätten verhängt werden, die nicht geimpfte Kinder zulassen, und ein Bußgeld kann auch gegen nicht geimpftes Personal in Gemeinschaftseinrichtungen, Gesundheitseinrichtungen und Asylbewerberunterkünften und gegen nicht geimpfte Bewohner solcher Unterkünfte verhängt werden.

Da entsprechende Impfbescheinigungen auch von niedergelassenen Ärzten ausgestellt werden dürfen, werden Arztpraxen erneut mit solchen Anforderungen konfrontiert werden. Laut Gesetzesvorgabe kann ein Nachweis durch den Impfausweis, das gelbe Kinderuntersuchungsheft oder – insbesondere bei bereits erlittener Krankheit – ein ärztliches Attest erbracht werden. Da der Eintrag der Masernimpfung in den Impfpass, das Untersuchungsheft oder das unmittelbar mit der Impfung verbundene Ausstellen einer Impfbescheinigung Bestandteil des Impfhonorars ist, kann dies nicht gesondert berechnet werden.
In allen anderen Fällen ist das hingegen keine Kassenleistung und eine Impfbescheinigung oder ein Attest, das wegen einer Erkrankung von der Impfpflicht befreit, kann privat nach GOÄ in Rechnung gestellt werden.

In der amtlichen Begründung zum Masernschutzgesetz war hier erfreulicherweise von Anfang an eine klare finanzielle Vorgabe zur Abrechnung einer solchen Leistung enthalten (siehe Tabelle).

Schwieriger dürfte sich die Situation bei Erwachsenen darstellen, die zu dem im Gesetz beschriebenen impfpflichtigen Personenkreis zählen. Konkret sind das alle Personen, die nach 1970 geboren sind und einen Beruf ausüben, der sie mit vielen Menschen in Berührung bringt. Arbeitgeber werden, um sich selbst abzusichern, hier eher bei der Nachweisforderung übers Ziel hinausschießen! Was aber kann man als Arzt tun, wenn jemand in so einem Beruf tätig ist und einen Impfnachweis liefern muss, aber keine Unterlagen hat, die über den Impfstatus verlässlich Auskunft geben?

Dürfen Labornachweise zulasten der GKV veranlasst werden?

Der einfachste Weg, einen Masernimpfstatus verlässlich zu klären, wäre die Antikörperbestimmung. Hier handelt es sich aber um eine kurative Maßnahme, der mit der Masernimpfung ein präventiver Anlass vorausgeht. Da derartige präventive Antikörperbestimmungen nur im Rahmen der Schwangerschaftsvorsorge – und dort auch nicht gegen Masernviren – als GKV-Leistung definiert sind, muss im Zweifelsfall bei der Klärung des Masern-Impfstatus dem Betreffenden eine Privatrechnung gestellt werden. Auch hier findet sich im amtlichen Begründungstext zum Gesetz eine bemerkenswert klare Vorgabe (siehe Tabelle).

Amtliche Begründung zum Masernschutzgesetz (Auszüge) und die daraus resultierenden zulässigen Liquidationen:

GOÄLeistungsbeschreibungEuroFaktor
70

Gesonderte Bescheinigung über den Impfstatus in Ermangelung eines Impfausweises und einer Impfbescheinigung nach § 22 IfSG (z. B. wegen Verlust des Dokuments)

Gesetzestext (modifiziert): Die Kosten können nach Nr. 70 (kurze Bescheinigung oder kurzes Zeugnis, Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung) der Anlage zur GOÄ (Gebührenverzeichnis für ärztliche Leistungen) mit einem Faktor von maximal 2,3 in Rechnung gestellt werden.

5,362,30
75

Vorlage eines ärztlichen Zeugnisses über das Bestehen einer medizinischen Kontraindikation zur Befreiung von einer Masernimpfung

Gesetzestext (modifiziert): Das Einholen einer solchen Bescheinigung kann nach Nr. 75 des Gebührenverzeichnisses für ärztliche Leistungen (ausführlicher schriftlicher Krankheits- und Befundbericht, einschließlich Angaben zur Anamnese, zu Befunden, zur epikritischen Bewertung und gegebenenfalls zur Therapie) mit einem Faktor von maximal 2,3 berechnet werden.

18,052,30

Ärztliches Zeugnis über eine serologische Testung auf Masern-Antikörper zum Nachweis einer Immunität.

Gesetzestext (modifiziert): Die Kosten können nach Nr. 1 (Beratung), Nr. 5 (kleine körperliche/symptomenbezogene Untersuchung) und Nr. 250 (Blutentnahme) des Gebührenverzeichnisses für ärztliche Leistungen in Rechnung gestellt werden. Hinzu kommen die Laborkosten für die Serologie im Labor nach der Nr. 4396 für Masern-Antikörper vom Typ Immunglobulin-G des Gebührenverzeichnisses für ärztliche Leistungen.

1Beratung10,722,30
5Untersuchung10,722,30
250Blutentnahme4,191,80
4396Masern-Antikörper (Speziallabor)20,111,15

Quelle: KBV

Dr. med. Gerd W. Zimmermann ist Facharzt für Allgemeinmedizin und seit vielen Jahren als Referent sowie Autor zum Thema Leistungsabrechnung nach EBM und GOÄ tätig.