Mageres Honorar für die DiGA-Verordnung!
Abrechnungstipps von Dr. med. Gerd W. Zimmermann
Nach § 33a SGB V („Digitale-Versorgung-Gesetz“) haben gesetzlich Versicherte bereits seit Mitte 2020 formal ein Anrecht auf die Verordnung sogenannter digitaler Gesundheitsanwendungen (DiGA) zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung. Schon früh reagierte die Bundesärztekammer (BÄK) auf diese Neuerung und führte die Nr. 76 GOÄ als analoge Bewertung für diese neue Leistung ein.
Bei Privatversicherten und Beihilfeberechtigten kann man eine DiGA-Verordnung deshalb für 9,38 Euro beim 2,3-fachen Satz zzgl. weiterer Leistungen anbieten. Ausgeschlossen wären nach der Ursprungsleistung nach Nr. 76 GOÄ (Schriftlicher Diätplan, individuell für den einzelnen Patienten aufgestellt) nur die Nrn. 2, 3 und (formal) 435 GOÄ.
So würde die Abrechnung bei der Verordnung einer DiGA bei einem Patienten aussehen, bei dem die Leistungen nach GOÄ berechnet werden können:
GOÄ | Legende | Faktor | Euro |
A76 | Verordnung und ggf. Einweisung in Funktionen bzw. Handhabung sowie Kontrolle der Messungen zu digitalen Gesundheitsanwendungen, analog Nr. 76 GOÄ | 2,3 | 9,38 |
1 | Beratung, ggf. auch länger als 10 Minuten | 2,3 | 10,72 |
A245 | Erfüllung aufwändiger Hygienemaßnahmen im Rahmen der SARS-CoV-2-Pandemie, je Sitzung | 1,0 | 6,41 |
Quelle: Beschluss BÄK 14./15. Mai 2020
So geht die Abrechnung nach EBM!
Nach einem Beschluss des Erweiterten Bewertungsausschusses (EBA) kann die Verordnung einer vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) zugelassenen und gelisteten DiGA im GKV-Bereich nach der neu geschaffenen Nr. 01470 EBM einmal im Behandlungsfall berechnet werden. Die Leistung ist mit 18 Punkten bewertet, das sind nach dem aktuellen Punktwert 2 Euro! Die Nr. 01470 EBM ist allerdings Bestandteil des Anhang 1 des EBM und kann im Behandlungsfall nicht neben einer Versicherten- oder Grundpauschale und auch nicht neben anderen EBM-Leistungen berechnet werden. Sie ist damit eine Phantomziffer, vergleichbar mit dem Verwaltungskomplex nach Nr. 01430 EBM.
Das sind die DiGA-Abrechnungspositionen im EBM:
EBM | Legende | Punkte | Euro |
01470 | Zusatzpauschale für das Ausstellen einer Erstverordnung einer digitalen Gesundheitsanwendung (DiGA) aus dem Verzeichnis gemäß § 139e SGB V, einmal im Behandlungsfall | 18 | 2,00 |
01471 | Zusatzpauschale für die Verlaufskontrolle und die Auswertung der digitalen Gesundheitsanwendung (DiGA) somnio, einmal im Behandlungsfall | 64 | 7,12 |
Quelle: Beschluss des EBA vom 17. März 2021
Beachtenswert ist auch, dass weitere Tätigkeiten im Zusammenhang mit digitalen Gesundheitsanwendungen nach dem EBA-Beschluss grundsätzlich Bestandteil der vertragsärztlichen Versorgung sind und deshalb nach den im EBM bereits enthaltenen Gebührenordnungspositionen geltend gemacht werden müssen. Dies gilt – je nach Art der DiGA – z. B. für ärztliche Leistungen im Zusammenhang mit der Verordnung einer digitalen Gesundheitsanwendung durch den Arzt/Psychotherapeuten und die von der digitalen Gesundheitsanwendung vorausgesetzte ärztliche Anleitung des Patienten zur Selbstanwendung einer digitalen Gesundheitsanwendung. Im hausärztlichen Bereich käme hier der Ansatz der Nrn. 03230 oder 35100/35110 EBM in Betracht (siehe Fallbeispiel „Schlafstörung“).
Spezielle DiGA erhalten eine eigene Gebührenordnungsposition (GOP)!
Fallbeispiel: 32-jährige Patientin leidet unter starken Schlafstörungen. Sie möchte keine Schlaftabletten einnehmen, hat aber gehört, dass es eine DiGA für diese Störung gäbe. Nach einer gründlichen Exploration erfolgt eine solche Verordnung. Diese Leistungen könnten bei vorhandener Psychosomatose zum Ansatz gebracht werden:
EBM | Legende (Kurzform) | Euro |
03003 | Versichertenpauschale | 12,68 |
03040 | Hausärztliche Grundpauschale | 15,35 |
01471 | Verordnung der DiGA „somnio“ | 7,12 |
35100 | Differentialdiagnostische Klärung psychosomatischer Krankheitszustände | 21,47 |
Diese Regelungen gelten aber nur für die auf die Liste des BfArM aufgenommenen DiGA ohne individuelle Nennung. DiGA, denen der Bewertungsausschuss einen „Sondernutzen“ bescheinigt, erhalten hingegen eine eigene GOP. Aktuell wurde dies für die DiGA „somnio“ entschieden, die gegen Schlafstörungen helfen soll. Sie kann einmal im Behandlungsfall nach der Nr. 01471 EBM berechnet werden. Diese Leistung ist mit 64 Punkten oder beim aktuellen Punktwert mit 7,12 Euro bewertet und hat nicht die Ausschlüsse wie sie bei der Nr. 01470 EBM beschrieben wurden. Die Nr. 01471 kann neben Versicherten- oder Grundpauschalen oder anderen Leistungen im Behandlungsfall berechnet werden, so dass weitere in Betracht kommende ärztliche Leistungen im Zusammenhang mit der digitalen Gesundheitsanwendung „somnio“ zwar als Bestandteil des EBM anzusehen sind, aber zusätzlich über diese Gebührenordnungspositionen des EBM berechnungsfähig sind. Im Gegensatz zur Nr. 01470 EBM könnte deshalb die Nr. 01471 EBM z. B. mit der Nr. 03230 EBM oder der Nr. 35110 EBM kombiniert werden. Das Honorar für die Nrn. 01470 und 01471 EBM wird für zwei Jahre extrabudgetär vergütet.
Fazit:
Angesichts des sehr niedrigen Honorars sollte man berücksichtigen, dass damit ausschließlich die Verordnung auf einem Rezept nach Muster 16 abgedeckt ist, das anschließend noch von der zuständigen Kasse genehmigt werden muss. Nach der gesetzlichen Vorgabe können Patienten, die eine solche Gesundheits-App nutzen wollen, sich aber auch direkt an die Kasse wenden, die wiederum den Nachweis der Indikation anhand von eigenen Informationen führen kann. Vertragsärztliche Auskünfte sind in diesem Zusammenhang nach dem zugrunde liegenden Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) ausdrücklich nicht erforderlich, so dass man Patienten, die eine solche Verordnung wünschen, auch an ihre Kasse verweisen kann! Ggf. notwendige Anfragen der Kasse könnten nach den hier vorgesehenen und vereinbarten Vordrucken berechnet werden.
Dr. med. Gerd W. Zimmermann ist Facharzt für Allgemeinmedizin mit eigener Praxis in Hofheim/Taunus und seit vielen Jahren als Referent sowie Autor zum Thema Leistungsabrechnung nach EBM und GOÄ tätig.