Häusliche Krankenpflege: Bei Palliativ­patienten sind auch Symptom­kontrollen verordnungs­fähig!

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Abrechnungstipps von Dr. med. Gerd W. Zimmermann

Vertragsärzte können auch Symptom­kontrollen bei Palliativ­patienten im Rahmen der häuslichen Kranken­pflege verordnen. Eine solche Behandlung ist bei schwerst­kranken und sterbenden Patienten in jedem Alter möglich und stellt eine Übergangs­lösung für Patienten dar, die noch keine Leistungen der spezialisierten ambulanten Palliativ­versorgung erhalten oder erhalten wollen (SAPV nach § 37b SGB V, Voll­versorgung oder Teil­versorgung).

Die Leistung umfasst das Erkennen und Erfassen sowie Behandeln von Krankheits­zeichen und Begleit­erscheinungen im Rahmen der pflegerischen Tätigkeiten. Mit der Verordnung der Leistung veranlassen Vertragsärzte eine Kontrolle der Schmerz­symptomatik sowie ein Erkennen von Übelkeit, Erbrechen, pulmonalen oder kardialen Symptomen oder Obstipation durch den Pflegedienst. Gegenstand der Verordnung sind außerdem Wundkontrollen und -behandlungen bei exulzerierenden Wunden sowie die Krisen­intervention, zum Beispiel bei Krampf­anfällen, Blutungen und/oder akuten Angst­zuständen.

Voraussetzung für die Verordnung ist das Vorhanden­sein einer oder mehrerer nicht heilbarer fort­schreitender und so weit fortgeschrittener Erkrankungen, dass nach fachlicher Einschätzung des behandelnden Arztes die Lebens­erwartung auf wenige Tage, Wochen oder Monate limitiert ist. Bei Kindern und Jugendlichen ist die Leistung auch bei länger prognostizierter Lebens­erwartung verordnungs­fähig, sofern die zuvor genannten Voraus­setzungen erfüllt sind. Die Verordnungs­dauer für die Erst- und Folge­verordnung beträgt jeweils bis zu 14 Tage. Die Häufigkeit richtet sich nach dem individuellen Bedarf und unterliegt keiner Beschränkung hinsichtlich der Anzahl der täglichen Pflege­einsätze. Die Verordnung erfolgt über das Verordnungs­formular 12 unter Angabe der „Leistungsziffer 24a“ oder „Symptom­kontrolle bei Palliativ­patienten“. Weitere behandlungspflegerische Maßnahmen können auf der Verordnung wie bisher ebenfalls angegeben werden. Ziel der Maßnahme ist, den Hospiz- und Palliativ­gedanken stärker in der Regel­versorgung zu verankern und die ambulante Palliativ­versorgung weiter zu stärken. Hausärzte sollen dabei umfassend beteiligt bleiben.

Wird doch der Einsatz eines Palliativteams erforderlich, ist es deshalb wichtig, dass bei der Verordnung auf dem Formblatt 63 zunächst nur eine „Teilversorgung“ angekreuzt wird. In diesem Fall können Hausärzte im Falle einer in der Regel nicht vermeidbaren Inanspruch­nahme, z. B. auch durch Angehörige, die hierfür vorgesehenen GOP 03370 bis 03373 EBM berechnen.

Diese Vorgehens­weise ist bei der Behandlung von Palliativ­patienten möglich:

In einem ersten Schritt kann im Rahmen der Verordnung einer häuslichen Kranken­pflege über Formular Muster 12 ggf. zusätzlich auch eine Unter­stützungs­pflege verordnet werden:

Bei der Versorgung des Palliativ­patienten kann der Hausarzt auf jeden Fall zunächst die „Palliativ­medizinische Ersterhebung des Patienten­status“ nach Nr. 03370 EBM berechnen.

EBMLegendePunkteEuro
03370Palliativ­medizinische Ersterhebung des Patienten­status Anmerkungen: Die Leistung ist einmal im Krankheits­fall, in gleicher Sitzung nicht neben den GOP 03220, 03230, 03360, 03362 und im Krankheits­fall nicht neben der GOP 37300 berechnungs­fähig.34139,19

Sofern ein Palliativteam eingeschaltet werden soll, geschieht dies nach Formblatt 63 und kann nach den Nrn. 01425 bzw. 01426 EBM berechnet werden. Die vom Versicherten durch Vorlage der Verordnung beantragten Leistungen (Rückseite des Verordnungs­vordrucks 63, die vom Versicherten bzw. vom SAPV-Leistungs­erbringer auszufüllen ist) bedürfen der Genehmigung durch die Krankenkasse. Diese übernimmt bis zu ihrer Entscheidung über die weitere Leistungs­erbringung die Kosten für die verordneten und erbrachten Leistungen, wenn die Verordnung spätestens an dem dritten der Ausstellung folgenden Arbeitstag dort vorgelegt wird:

EBMLegendePunkteEuro
01425Erstverordnung der spezialisierten ambulanten Palliativ­versorgung25329,07
01426Folgeverordnung zur Fortführung der spezialisierten ambulanten Palliativ­versorgung.
Die Leistung kann höchstens zweimal im Behandlungsfall berechnet werden.
15217,47

Wird bei der Verordnung „Additiv unterstützende Teilversorgung“ angekreuzt, können vom Hausarzt auch die anderen palliativ­medizinischen Leistungen erbracht und berechnet werden:

EBMLegendePunkteEuro
03371Zuschlag zur Versichertenpauschale nach Nr. 03000 für die palliativ­medizinische Betreuung des Patienten in der Arztpraxis, einmal im Behandlungsfall15918,27
03372Zuschlag zu den Nrn. 01410 oder 01413 für die palliativ­medizinische Betreuung in der Häuslichkeit, je 15 Minuten bis zu einem Höchstwert von 620 Punkten12414,25
03373Zuschlag zu den Nrn. 01411, 01412 oder 01415 für die palliativ­medizinische Betreuung in der Häuslichkeit, je Besuch12414,25

WICHTIG
Neuerdings können Folge­verordnungen für die häusliche Kranken­pflege und damit auch die Unterstützungsp­flege in Video­sprech­stunden und in Ausnahme­fällen auch nach telefonischem Kontakt, z. B. mit Bezugs­personen, ausgestellt werden. Voraus­setzung ist, dass der Patient der Praxis bekannt ist. Die erstmalige Verordnung kann allerdings weiterhin nur nach persönlicher Unter­suchung in der Praxis oder im Rahmen eines Hausbesuchs erfolgen. Dies gilt auch für das Ausstellen einer Folge­verordnung nach telefonischer Konsultation. Diese ist möglich, wenn der Patient wegen aktueller Beschwerden bereits unmittelbar persönlich untersucht wurde oder in der Video­sprech­stunde war.

Dr. med. Gerd W. Zimmermann ist Facharzt für Allgemeinmedizin und seit vielen Jahren als Referent sowie Autor zum Thema Leistungsabrechnung nach EBM und GOÄ tätig.