G-BA ändert Arbeitsunfähigkeits-Richtlinie: AU bei COVID-Absonderung auch telefonisch möglich!
Abrechnungstipps von Dr. med. Gerd W. Zimmermann
Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hatte bereits in seiner Sitzung am 15. Dezember 2022 beschlossen, die Arbeitsunfähigkeits-Richtlinie in der Fassung vom 14. November 2013 (BAnz AT 27.01.2014 B4) zu ändern. Das hat mit dem 1. April 2023 Gültigkeit erlangt und der Bewertungsausschuss (BA) hat nachgezogen! Rückwirkend ab dem 1. April 2023 kann nun die Porto-Pauschale nach Gebührenordnungsposition (GOP) 40128 auch für den Versand einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung an Patienten nach einem telefonischen Kontakt abgerechnet werden, wenn für den Patienten eine Absonderungspflicht besteht.
Bisher bezog sich die Berechnungsfähigkeit der Kostenpauschale nach GOP 40128 (86 Cent) ausschließlich auf Videosprechstunden. Dort ist eine Krankschreibung bei allen Patienten möglich, wenn der Arzt diese für medizinisch notwendig erachtet. Nun ist die Kostenpauschale auch bei telefonischem Patientenkontakt im Falle einer öffentlich-rechtlichen Pflicht zur Absonderung oder bei Bestehen einer öffentlich-rechtlichen Empfehlung zur Absonderung berechnungsfähig.
Hintergrund
Dem § 4 der Arbeitsunfähigkeits-Richtlinie wurde ein Absatz 6 angefügt: „Unterliegen Beschäftigte einer öffentlich-rechtlichen Pflicht zur Absonderung oder besteht eine öffentlich-rechtliche Empfehlung zur Absonderung, gilt Absatz 5 mit der Maßgabe, dass sowohl die erstmalige Feststellung als auch die Feststellung des Fortbestehens der Arbeitsunfähigkeit auf Grundlage einer eingehenden telefonischen Befragung jeweils für Zeiträume von bis zu sieben Kalendertagen erfolgen kann, längstens jedoch bis zum Ablauf des Zeitraums der öffentlich-rechtlichen Pflicht oder Empfehlung zur Absonderung.“
Was ist eine öffentlich-rechtliche Absonderung?
Die Isolierung ist eine behördlich angeordnete Maßnahme, wie sie z. B. bei Personen mit bestätigter SARS-CoV-2- oder Affenpocken-Infektion ausgesprochen werden kann. Je nach Schweregrad der Erkrankung ist dies sowohl häuslich als auch stationär möglich. Die Entlassung aus der Isolierung im stationären Bereich erfolgt nach bestimmten Kriterien, i. d. R. dann, wenn von einer Weiterverbreitung nicht mehr auszugehen ist.
Die Quarantäne ist eine zeitlich befristete Absonderung von ansteckungsverdächtigen Personen oder von Personen, die möglicherweise ein Virus ausscheiden (i. d. R. enge Kontaktpersonen von Erkrankten).
Fazit
Am 17. November 2022 hatte der G-BA eine Verlängerung der sog. Telefon-AU bis zum 31. März 2023 bei einer leichten Atemwegserkrankung nach telefonischer Anamnese beschlossen. Diese Regelung wurde zum 1. April 2023 abgeschafft!
Sie gilt nun aber weiter, wenn sich jemand öffentlich-rechtlich in „Absonderung“ befindet, also eine entsprechende „Verpflichtung“ oder „Empfehlung“ von einer zuständigen Stelle wie z. B. dem Gesundheitsamt vorliegt. In diesem Fall bleibt es bei der Möglichkeit, bis zu 7 Tage zuhause zu bleiben, eine Verlängerung ist weiter möglich, jetzt aber nicht mehr auf weitere 7 Tage beschränkt, sondern so lange, wie die Absonderung „verfügt“ wurde. Diese Regelung gilt ab dem 1. April 2023 und ist zeitlich unbegrenzt!
KBV komplettiert die gesetzlich vorgegebenen Abrechnungspositionen für COVID-Impfungen!
Seit dem 8. April 2023 sind COVID-19-Impfungen Teil der Regelversorgung geworden und damit nach der Schutzimpfungs-Richtline (SI-RL) des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) eine GKV-Pflichtleistung. Ergänzt werden die SI-RL durch die neuen Vorgaben der COVID-19-Vorsorgeverordnung des Bundesgesundheitsministeriums (BMG), wodurch die Liste der Pseudonummern zur Abrechnung der Impfungen erweitert werden musste. So gibt es unter anderem die neue GOP 88339 für den Impfstoff VidPrevtyn Beta. Dieser Impfstoff ist zwar nicht Teil der SI-RL, gesetzlich Versicherte haben aber nach der COVID-19-Vorsorgeverordnung Anspruch auf eine solche Impfung, wenn ein Arzt die Impfung für medizinisch erforderlich hält. Eine weitere Vorgabe des Bundesgesundheitsministeriums (BMG), nämlich die, dass bei der Abrechnung unterschieden werden muss, an welche Virusvariante der Impfstoff konkret angepasst wurde, ist mit dem Update ebenfalls erfüllt worden. Die bisherige Systematik nach „angepasst“ und „nicht angepasst“ reicht für diese Anforderung nicht aus, sodass jeweils eine neue Pseudo-GOP für die BA.1-angepassten Impfstoffe von BioNTech/Pfizer und Moderna eingefügt wurden. Die bisherigen GOP für „angepasst“ gelten für den BA.4-5-Impfstoff der beiden Hersteller allerdings weiter.
Hersteller | Indikation | Impfung 1 | Impfung 2 | Impfung 3 und weitere Impfungen |
---|---|---|---|---|
BioNTech/Pfizer angepasst BA.4-5 | Allgemein | 88337R | ||
Beruflich | 88337X | |||
BioNTech/Pfizer angepasst BA.1 | Allgemein | 88340R | ||
Beruflich | 88340X | |||
BioNTech/Pfizer nicht angepasst | Allgemein | 88331A | 88331B | 88331R |
Beruflich | 88331V | 88331W | 88331X | |
Moderna angepasst BA.4-5 | Allgemein | 88338R | ||
Beruflich | 88338X | |||
Moderna angepasst BA.1 | Allgemein | 88341R | ||
Beruflich | 88341X | |||
Moderna nicht angepasst | Allgemein | 88332A | 88332B | 88332R |
Beruflich | 88332V | 88332W | 88332X | |
Johnson & Johnson | Allgemein | 88334A | 88334R | |
Beruflich | 88334V | 88334X | ||
Novavax | Allgemein | 88335A | 88335B | 88335R |
Beruflich | 88335V | 88335W | 88335X | |
Valneva | Allgemein | 88336A | 88336B | |
Beruflich | 88336V | 88336W | ||
VidPrevtyn Beta | Allgemein | 88339R | ||
Beruflich | 88339X | |||
Die Suffixe für die Indikation „Pflegeheimbewohner/-in" sind entfallen. | ||||
Quelle: KBV |
Dr. med. Gerd W. Zimmermann ist Facharzt für Allgemeinmedizin und seit vielen Jahren als Referent sowie Autor zum Thema Leistungsabrechnung nach EBM und GOÄ tätig.