Entbudgetierung der hausärztlichen Versorgung – wann es los- und wie es ausgeht, muss noch geklärt werden
Abrechnungstipps von Dr. med. Gerd W. Zimmermann
Der Bundesrat hat in seiner 1051. Sitzung am 14. Februar 2025 das Gesetz zur Stärkung der Gesundheitsversorgung in der Kommune (Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz – GVSG) beschlossen. Der aus Kassen- und KV-Vertretern paritätisch zusammengesetzte Bewertungsausschuss (BA) muss das nun in den Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) einfügen. Angesichts der voraussichtlich schwierigen Verhandlungen mit den Kassen dürfte das (sehr) zeitaufwändig werden.
Mit der Entbudgetierung müsste es eigentlich schnell gehen
Nach der Vorgabe im GVSG müssen die GKV-Kassen ab dem ersten Tag des dritten auf die Verkündung folgenden Kalenderquartals, das wäre der 1. Juli 2025, Leistungen des Versorgungsbereichs der allgemeinen hausärztlichen Versorgung (Abschnitt IIIa 3 EBM) einschließlich der in Zusammenhang mit diesem Versorgungsbereich erbrachten Hausbesuche (Abschnitt II 1.4 EBM), soweit diese Leistungen nach sachlicher und rechnerischer Prüfung durch die Kassenärztliche Vereinigung anerkannt wurden, mit den Preisen der regionalen Euro-Gebührenordnung vergüten.
Das bedarf eigentlich keiner großen Beratung und Verhandlung, denn ab diesem Zeitpunkt müss(t)en eigentlich die Honorare aus den o. g. EBM-Abschnitten ohne Begrenzung in Euro bezahlt werden. Das Problem ist aber, dass hierzu die morbiditätsbedingte Gesamtvergütung (MGV) zunächst bereinigt werden muss. Da die gesetzlichen Vorgaben diesbezüglich ziemlich schwammig sind, dürfte die Interpretation der Kassen deutlich von den Vorstellungen der KBV abweichen – und das wird Zeit kosten!
Die Verhandlungen um die neuen Pauschalen könnten zäh werden
Der BA muss bis zum letzten Tag des sechsten auf die Verkündung folgenden Kalendermonats Regelungen über eine Versorgungspauschale im EBM für ärztliche Leistungen beschließen. Das wäre der 31. Juli 2025 und würde einen Start mitten im dritten Quartal 2025 am 1. August 2025 zur Folge haben.
Schneller müsste es sogar mit der sog. Vorhaltepauschale gehen. Die soll laut GVSG bis zum letzten Tag des dritten auf die Verkündung folgenden Kalendermonats beschlossen werden. Das wäre mitten im zweiten Quartal 2025 am 30. April 2025.
Die drei Kassen- und drei Ärzte-Mitglieder des BA müssten sich folgerichtig – wollen sie diese gesetzlichen Vorgaben einhalten – zunächst bis zum 30. April 2025 darauf verständigen, wie eine Gebührenordnungsposition (GOP) zur Vorhaltung der zur Erfüllung von Aufgaben der hausärztlichen Grundversorgung notwendigen Strukturen aussehen muss, die insbesondere eine bedarfsgerechte Versorgung mit Haus- und Pflegeheimbesuchen, bedarfsgerechte Praxisöffnungszeiten, die vorrangige Erbringung von Leistungen aus dem hausärztlichen Fachgebiet, eine Mindestanzahl an zu versorgenden Versicherten sowie die regelmäßige Nutzung von Anwendungen der Telematikinfrastruktur zum Gegenstand hat.
Danach hätte man Zeit bis zum 31. Juli 2025, um die Rahmenbedingungen für eine GOP für die Versorgungspauschale zu schaffen, die ab dem 18. Lebensjahr einer Patientin bzw. eines Patienten unabhängig von der Anzahl und Art der Kontakte Leistungen für vier oder mindestens zwei aufeinanderfolgende Kalenderquartale in nur einer Praxis vergütet, wenn die bzw. der Betreffende an einer chronischen Erkrankung leidet, die einer kontinuierlichen Versorgung mit einem bestimmten Arzneimittel bedarf und keinen intensiven Betreuungsbedarf begründet.
Berücksichtigt man, dass derartige, im vorliegenden Fall nicht ganz einfache Regelungen anschließend von den vielen unterschiedlichen PVS-Anbietern in deren Regelwerk umgesetzt werden müssen – wofür man ihnen bisher jeweils 6 Wochen Zeit gelassen hat –, wäre ein Start des neuen „Hausarzt-EBM“ zum 1. Oktober 2025 denkbar.
Fazit
Bei der neuen Vorhalte- und Versorgungspauschale muss man vorsichtig sein. Hier sieht das Gesetz vor, dass es zu keinen Mehr- oder Minderausgaben für die Kassen kommen darf, wobei für die Praxen eher die Gefahr des Honorarverlustes besteht, den man an anderer Stelle kompensieren muss. Dazu können die entbudgetierten übrigen Leistungen dienen. Fakt ist nämlich, dass ab Beschlussfassung z. B. ein hausärztlich-geriatrisches Basisassessment nach GOP 03360 mit 14 Euro, ein hausärztlich-geriatrischer Betreuungskomplex mit 21,56 Euro, ein problemorientiertes ärztliches Gespräch, das aufgrund von Art und Schwere der Erkrankung erforderlich ist, nach GOP 03230 mit 15,86 Euro, ein Belastungs-EKG nach GOP 03321 mit 24,54 Euro und ein dringender Besuch einer Patientin oder eines Patienten in beschützenden Wohnheimen bzw. Einrichtungen bzw. Pflege- oder Altenheimen mit Pflegepersonal wegen der Erkrankung, noch am Tag der Bestellung ausgeführt, nach GOP 01415 mit 67,67 Euro zu Buche schlagen. Gleiches gilt für die Bewertung in Euro für die bisherige Versichertenpauschale und die Chronikerzuschläge, die erhalten bleiben, da die neue Versorgungspauschale nur einen eng definierten Patientenkreis abdeckt.
Honorarzuwächse sind für die Hausärztinnen und Hausärzte im Rahmen dieser Reform deshalb nur denkbar, wenn diese (entbudgetierten) Leistungen auch abgerechnet werden.

Dr. med. Gerd W. Zimmermann ist Facharzt für Allgemeinmedizin und seit vielen Jahren als Referent sowie Autor zum Thema Leistungsabrechnung nach EBM und GOÄ tätig.