03355 EBM – wer kann das eigentlich abrechnen?
Abrechnungstipps von Dr. med. Gerd W. Zimmermann
Die GOP 03355 EBM steht für die „Anleitung zur Selbstanwendung eines Real-Time-Messgerätes zur kontinuierlichen interstitiellen Glukosemessung (rtCGM)“. Die Leistung steht im Abschnitt IIIa 3.2.3 (Besondere Leistungen) des „Hausarzt-EBM“, kann aber nicht von allen Hausärzten berechnet werden.
Eine Abrechnung ist im Zusammenhang mit der ersten Verordnung eines rtCGM-Systems oder dem Umstieg auf ein anderes rtCGM-System gemäß Nr. 20 der Anlage I „Anerkannte Untersuchungs- oder Behandlungsmethoden“ zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) möglich bei:
- Patienten mit insulinpflichtigem Diabetes mellitus, die einer intensivierten Insulinbehandlung bedürfen, in dieser geschult sind und diese bereits anwenden,
- ohne dass bisher die zwischen Arzt und Patient festgelegten individuellen Therapieziele zur Stoffwechseleinstellung unter Beachtung der jeweiligen Lebenssituation erreicht werden konnten.
Als intensiviert ist dabei eine Insulintherapie anzusehen, bei der die Patienten entsprechend ihrem Lebensstil den Zeitpunkt und die Zusammensetzung der Mahlzeit selbst frei festlegen und dementsprechend die Dosierung des Mahlzeiteninsulins anhand der Menge der aufzunehmenden Kohlenhydrate und der Höhe des präprandialen Blutzuckerspiegels steuern.
Die GOP 03355 EBM kann von folgenden Arztgruppen zum Ansatz gebracht werden:
- Fachärzte für Innere Medizin und Endokrinologie und Diabetologie
- Fachärzte für Innere Medizin, für Allgemeinmedizin oder für Kinder- und Jugendmedizin, jeweils mit der Anerkennung „Diabetologie“ oder „Diabetologe Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG)“ bzw. mit vergleichbarer Qualifikation
- Fachärzte für Kinder- und Jugendmedizin mit der Anerkennung „Kinder-Endokrinologie und -Diabetologie“
Die dabei verwendeten Facharzt-, Schwerpunkt- und Zusatzbezeichnungen richten sich nach der (Muster-)Weiterbildungsordnung der Bundesärztekammer und schließen auch diejenigen Ärzte ein, welche eine entsprechende Bezeichnung nach altem Recht führen.
Die Patienten müssen zeitnah im Zuge der Verordnung und vor der ersten Anwendung der rtCGM über die Schulungsinhalte zur intensivierten Insulintherapie (ICT und gegebenenfalls zur Insulinpumpe) hinausgehend hinsichtlich der sicheren Anwendung des Gerätes, insbesondere der Bedeutung der Blutglukose-Selbstmessung und der durch das Gerät zur Verfügung gestellten Trends unter Berücksichtigung des individuellen Bedarfs und eventuell vorhandener Vorkenntnisse, geschult werden.
Arzt und Patient müssen gemeinsam ein individuelles Therapieziel unter Nutzung der rtCGM festlegen und im Verlauf der weiteren Behandlung die Zielerreichung dokumentieren.
Als Geräte dürfen nur zugelassene Medizinprodukte zur kontinuierlichen interstitiellen Glukosemessung mit Real-Time-Messung eingesetzt werden. Außerdem muss das Gerät anhand einer Alarmfunktion mit individuell einstellbaren Grenzwerten vor dem Erreichen zu hoher oder zu niedriger Glukosewerte warnen können. Soweit der Einsatz des Gerätes eine Verwendung, Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung personenbezogener oder personenbeziehbarer Daten vorsieht, müssen die einschlägigen datenschutzrechtlichen Bestimmungen beachtet werden.
EBM | Legende | Punkte Euro |
---|---|---|
03355 | Anleitung zur Selbstanwendung eines Real-Time-Messgerätes zur kontinuierlichen interstitiellen Glukosemessung (rtCGM) Obligater Leistungsinhalt | 72 8,27 |
Bitte beachten:
- Die GOP 03355 kann je rtCGM-System in höchstens zwei aufeinanderfolgenden Quartalen höchstens 7-mal im Krankheitsfall berechnet werden.
- Die GOP 03355 ist ausschließlich im Zusammenhang mit der ersten Verordnung eines rtCGM-Systems oder dem Umstieg auf ein anderes rtCGM-System berechnungsfähig.
- Die Diskrepanz zwischen der Zeitvorgabe von 10 Minuten für die Abrechnung der Leistung und von 2 Minuten für die Plausibilitätsprüfung nach Zeitvorgaben erklärt sich daraus, dass Teile der Leistung an qualifiziertes Praxispersonal delegierbar sind.
- In der GOÄ kann die kontinuierliche Blutzuckermessung über mindestens 18 Stunden mit Auswertung nach einer Empfehlung der Bundesärztekammer (BÄK) nach der Nr. 659 A analog Nr. 659 GOÄ (400 Punkte, 23,31 Euro bei Einfachsatz) berechnet werden. Dabei ist zu beachten, dass die zugrunde liegende Nr. 659 GOÄ (Elektrokardiographische Untersuchung über mindestens 18 Stunden (Langzeit-EKG) – gegebenenfalls einschließlich gleichzeitiger Registrierung von Puls und Atmung – mit Auswertung) im Kapitel A der GOÄ aufgeführt ist und deshalb nur bis zum 1,8-fachen Satz bzw. mit Begründung bis zum 2,5-fachen Satz berechnet werden kann.
- Kommt es im Rahmen der Zusammenarbeit zwischen einem Hausarzt und einer diabetologischen Schwerpunktpraxis auf der Grundlage der GOP 03355 zu einer gemeinsamen Behandlung eines Diabetikers, kann vom Hausarzt die Terminvermittlung nach der GOP 03008 berechnet werden, wenn die Schwerpunktpraxis dem fachärztlichen Versorgungsbereich angehört.
Dr. med. Gerd W. Zimmermann ist Facharzt für Allgemeinmedizin und seit vielen Jahren als Referent sowie Autor zum Thema Leistungsabrechnung nach EBM und GOÄ tätig.